2.5.2003: Forschung CH

Waldbrände in Kastanienwäldern erhöhen die Biodiversität




Marco Moretti, Marco Conedera, Peter Duelli, Peter J. Edwards

Eine Untersuchung von bodenlebenden Spinnen im Tessin hat gezeigt, dass sich Waldbrände positiv auf die Artenvielfalt auswirken können.


Der Einfluss von Feuer auf die Biodiversität wurde schon in vielen Ökosystemen untersucht und bezog eine grosse Spannweite von Umweltbedingungen ein. Noch nicht bekannt sind die Auswirkungen von winterlichen Waldbränden auf die faunistische Vielfalt, wie sie zum Beispiel auf der Alpensüdseite häufig auftreten.

Die Studie hatte zwei Ziele. Sie wollte erstens die Auswirkungen einzelner oder wiederholter Waldbrände auf die Struktur und die Artenvielfalt von Spinnengesellschaften in den Kastanienwäldern der Südschweiz analysieren. Zweitens sollte die ökologische Antwort der Waldbodenhabitate auf Feuer interpretiert werden. Als Bioindikatoren wurden bodenlebende Spinnen verwendet.

Zwischen April und September sammelten wir in Barber-Fallen, welche wir in Brand- und Kontrollflächen in Kastanienwäldern aufgestellt hatten, ingesamt 133 Spinnenarten. Die Artenzahl und die Zusammensetzung der Spinnengemeinschaft hing von der Frequenz der Feuer ab wie auch von der Zeit, die seit dem letzten Feuer verstrichen war. Etwa 19% der Arten wurden ausschliesslich in Flächen gefangen, welche kürzlich gebrannt hatten, 11% traten nur in Flächen auf, die nicht gebrannt haben.

Die Entwicklung der Spinnengemeinschaften nach einem Waldbrand hängt sehr davon ab, welche Individuen den Brand am Ort überlebt haben; wir fanden nirgendwo charakteristischen Pionierarten. Durch Interaktionen zwischen Arten, die durch veränderte Umweltbedingungen nach dem Feuer verursacht wurden, ergaben sich zudem indirekte Auswirkungen von Bränden auf die Spinnengemeinschaft.

Nach einem einzigen Feuer konnten Veränderungen in der Spinnengemeinschaft nur gerade während der ersten beiden Jahre beobachtet werden. Auf Flächen, welche wiederholtem Brand ausgesetzt waren, dauerte der Einfluss auf die Spinnengemeinschaft hingegen länger an. Diese Flächen waren durch einen Anstieg der Artenzahl und der Artendiversität charakterisiert. Dass die ökologische Spannweite der Spinnenarten auf Flächen, die mehrmals brannten, grösser war, ist vermutlich der mosaikartigen Struktur der Umgebung und der grösseren Spannweite an mikroklimatischen Bedingungen an der Bodenoberfläche zuzuschreiben.

Die Spinnengemeinschaft der Kastanienwälder pendelt sich nach einem Brand wieder ein. Beides, die intensive Nutzung dieser Wälder bis in die 1950er Jahre und die lange Geschichte mit häufigen Bränden, die bis ins Neolithikum zurückgeht, spielten wohl eine grosse Rolle bei der Entwicklung der Spinnengemeinschaft dieser Wälder.



Keywords:
forest fires, fire ecology, natural succession, fauna, biodiversity

Art der Publikation:
Fachpublikation

Literatur:
Moretti M., Conedera M., Duelli P., Edwards P.J. (2002): The effects of wildfire on ground-active spiders in deciduous forests on the Swiss southern slope of the Alps . J. Appl. Ecol.: 39, 321-336




Kontaktadresse:
Marco Moretti, Istituto federale di ricerca WSL, Sottostazione Sud delle Alpi, Via Belsoggiorno 22, casella postale 57, CH-6504 Bellinzona-Ravecchia
marco.moretti@wsl.ch
Tel:
Fax:

Zurück zur Liste