24.3.2014: Forschung international

Befischung verändert die Artenzusammensetzung

La pêche modifie la composition en espèces



Heino Fock et al.

Eine Forschergruppe hat den ökologischen Wandel in der südöstlichen Nordsee bis zum Jahr 1902 zurückverfolgt und diesen mit aktuellen Monitoringdaten verglichen. Die Resultate zeigen, welchen Einfluss die Fischerei als treibender Faktor in der Ökosystementwicklung der Nordsee in den letzten hundert Jahren hatte.

Un groupe de chercheurs a reconstruit le développement écologique du sud-est de la mer du Nord jusqu’en l’an 1902 et comparé celui-ci avec des données de monitoring actuelles. Les résultats mettent en évidence l’influence de la pêche comme facteur moteur dans l’évolution des écosystèmes de la mer du Nord au cours des derniers cent ans.


Langzeitdaten sind unerlässliche Bausteine, um die Änderungen in den Meeresökosystem zu verstehen und Massnahmen zur Verbesserung des Gesamtzustandes einleiten zu können. Die Untersuchung ergab, dass sich nicht nur die Alters- und Grössenstruktur innerhalb der Fischbestände verändert hat, auch im Artengefüge gibt es signifikante Verschiebungen. Im Vergleich zu den 1920er und 30er Jahren hat sich die Kliesche heute als häufigster Fisch im Ökosystem Deutsche Bucht etabliert. Haie und Rochen sind stark zurückgegangen und nur noch in Bereichen mit geringer Fischereidichte anzutreffen. 


Ein Index zur funktionalen Diversität, der sowohl die Artenzahl als auch das Auftreten grosser Individuen und damit Änderungen im Nahrungsnetz berücksichtigt, zeigt an, dass der heutige Zustand im Ökosystem deutlich unter dem der historischen Periode liegt. Dieser Index zeigt auch an, wie künstliche Erholungsphasen – wie die der eingeschränkten Fischerei während des Ersten Weltkriegs – zu einer Verbesserung des ökologischen Zustands führen können. Bis 1919 waren rund 17% der Fläche der südöstlichen Nordsee unbefischt, was trotz der Fischerei vor 1914 zu einem insgesamt guten Ökosystemzustand geführt hat, wenn man den Artenreichtum und die Bestandsstruktur zugrunde legt. 
Dass die Änderungen in den letzten 100 Jahren nicht allein durch Klimaeffekte erklärbar sind, zeigt ein Blick in die 1920er und 30er Jahre des 20. Jahrhunderts. Dort änderte sich die Fischartenzusammensetzung bereits signifikant, obwohl klimatisch ähnliche Bedingungen vorlagen wie vor 1910. Das macht die Wirkung anthropogener Einflüsse deutlich. 

Für die Wissenschaftler sind die Studienergebnisse bedeutsam, denn sie liefern interessante Bausteine für die Entwicklung von Strategien zur Verbesserung des Ökosystemzustands der Nordsee. Auch hierbei sind räumliche Zonierungskonzepte mit unterschiedlicher Nutzung denkbar.

Quelle: Johann Heinrich von Thünen-Institut, Bundesforschungsinstitut für Ländliche Räume, Wald und Fischerei


Keywords:
Fischerei, Nordsee, Artenzusammensetzung, Nahrungsnetz, Klimawandel

Art der Publikation:
Fachpublikation

Literatur:
Fock H.O., Kloppmann M., Probst W.N. (2014): An early footprint of fisheries: changes for a demersal fish assemblage in the German Bight from 1902-1932 to 1991-2009. Journal of Sea Research 85, 325-335

Kontaktadresse:
Dr. Heino Fock

Thünen-Institut für Seefischerei
Palmaille 9

D-22767 Hamburg

heino.fock@ti.bund.de
Tel: +49 (0)40 38905-169


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