24.3.2014: Forschung CH
Nährstoffeintrag: Weidende Tiere können Biodiversitätsverlust bremsen
Apport d’engrais: la pâture par les herbivores peut freiner la perte de biodiversité
Elizabeth T. Borer et al.
In naturnahe Weiden- und Wiesenökosysteme wirken weidende Tiere dem Verlust an Biodiversität, den die Düngung von Grasland verursacht, unter gewisse Bedingungen entgegen. Da sie vorwiegend hochwüchsige Pflanzen fressen, fördern sie indirekt niedrigwüchsige Pflanzen, die vom zusätzlichen Licht profitieren und die Artenvielfalt bereichern.
Dans les écosystèmes prairiaux proches de l'état naturel, le pacage des animaux contrecarre sous certaines conditions la perte en biodiversité engendrée par la fertilisation des prairies et pâturages. Comme le bétail mange en majorité des plantes à port élevé, les plantes basses sont indirectement favorisées en profitant de la lumière supplémentaire, et la diversité des espèces est enrichie.
Der Mensch greift global und in sämtlichen Ökosystemen in den Nährstoffkreislauf ein, ob absichtlich mit Dünger zur gezielten Produktivitätssteigerung von Nahrungs- und Futtermitteln oder unabsichtlich, indem Nährstoffe aus Landwirtschaft, Industrie und aus der Verbrennung von fossilen Brennstoffen in die Atmosphäre gelangen, weltweit verfrachtet und wieder deponiert werden. Düngemittel führen weltweit in Wiesen- und Weideökosystemen zu einer Abnahme der Artenvielfalt. Schnell- und hochwüchsige Kräuter und Gräser überleben dann auf Kosten aller anderen Pflanzen. Denn in gedüngten Wiesen- und Weideökosystemen stehen Nährstoffe praktisch unbeschränkt zur Verfügung, so dass sich die Konkurrenzverhältnisse zwischen den Arten verschieben. Das gilt gemäss der im Wissenschaftsjournal Nature veröffentlichten Ergebnisse der Studie weltweit: Die Konkurrenz der Wurzeln um Nährstoffe wird durch das Ausbringen von Düngemitteln abgeschwächt oder sogar aufgehoben, es findet nur noch oberirdische Konkurrenz um Licht statt. Das Sonnenlicht wird dadurch zum limitierenden Faktor für das Pflanzenwachstum.
Durch Düngung werden vor allem schnell- und hochwüchsige Pflanzenarten gefördert. Auf der WSL-Forschungsfläche in der Val Müstair ist das beispielsweise der Blaue Eisenhut, der weniger wüchsige Pflanzen beschattet, also von der Lichtquelle abschneidet und zum Absterben bringt. Dadurch nimmt die Biodiversität dramatisch ab; ein weltweites Phänomen, das nicht nur Wiesen- und Weideökosysteme betrifft. Verringert sich jedoch die Verfügbarkeit von Nährstoffen, was zum Beispiel in Trockenperioden passiert, können sich die hochwüchsigen Arten nicht an die veränderten Umweltbedingungen anpassen, kümmern oder gehen im Extremfall ein.
Pflanzenfressende Tiere (Herbivoren) können unter gewissen Bedingungen den Verlust an Biodiversität in naturnahe Weide- und Wiesenökosysteme verlangsamen, wie die Studie zeigt. Wenn Tiere die hochwüchsigen Pflanzen abweiden, steht trotz hohem Nährstoffangebot weniger wüchsigen Pflanzenarten genügend Licht zur Verfügung, so dass die meisten von ihnen überleben und das Ökosystem stabilisieren können.
Verschiedene Forschungsteams erhoben im Rahmen des sogenannten «Nutrient Network» auf fünf Kontinenten Daten, beispielsweise in afrikanischen Savannen, der nordamerikanischen Prärie und hochalpinen Weiden. Dadurch sind nun global gültige Aussagen über den Einfluss von Nährstoffeintrag möglich. Zwei der fünf in Europa gelegenen Versuchsflächen liegen in der Schweiz.
Quelle: Eidg. Forschungsanstalt WSL / Universität Zürich
Keywords:
Wiesen, Weiden, Düngung, Stickstoff, Nährstoffeintrag
Art der Publikation:
Fachpublikation
Literatur:
Borer E.T. et al. (2014): Herbivores and nutrients control grassland plant diversity via light limitation. Nature, doi:10.1038/nature13144.
http://www.wsl.ch/fe/oekosystem/herbis/projekte/NutNet/index_DE
Kontaktadresse:
PD Dr. Anita Christina Risch
Ökologie der Lebensgemeinschaften
Tier-Pflanzen Interaktionen
Eidg. Forschungsanstalt WSL
Zürcherstrasse 111
CH-8903 Birmensdorf
anita.risch@wsl.ch
Tel: +41 44 7392 346
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