17.2.2004: Forschung CH
Was bringen Flussrenaturierungen?
Nathalie Baumann
Eine Wissenschafterin hat den Nutzen von Flussrenaturierungen an Thur, Rhone und Inn für Flussregenpfeifer und Flussuferläufer untersucht. An allen Flussaufweitungen wurden insgesamt nur wenige Individuen der beiden Arten beobachtet. Der Beitrag der Renaturierungen zur Entwicklung von Auenlebensräumen fällt unterschiedlich aus.
Die Flüsse der Gebirgsregionen sind hoch dynamische, von Schotter-, Kies- und Sandbänken geprägte Lebensräume. Seit Anfang des letzten Jahrhunderts sind alle grösseren Alpenflüsse menschlichen, vor allem wasserbaulichen Eingriffen unterworfen. Enge Abflussprofile, welche durch Verbauungsmassnahmen entstehen, beeinträchtigen die unterhalb liegenden Umlagerungsstrecken und bewirken eine grundlegende Veränderung und Verarmung der Lebensräume und Biozönosen. Besonders die vegetationsarmen Pionierstandorte sind durch einen hohen Anteil gefährdeter Tierarten (z.B. typische Vertreter unter den Vögeln wären die sogenannten «Kiesbankbrüter»: Flussregenpfeifer und Flussuferläufer) gekennzeichnet, die hier die extremen Trockenstandorte oder den Übergangsbereich Land – Wasser besiedeln. Es ist daher ein Anliegen des Natur- und Landschaftsschutzes, diese Lebensräume zu erhalten und – soweit möglich – wiederherzustellen.
Die Aufweitungen an den Flüssen Thur, Rhone (Ile Falcon) und Inn (Strada) wurden auf ihre Wirkung auf typische Vogelarten – Flussregenpfeifer (Charadrius dubius) und Flussuferläufer (Actitis hypoleucos) – der Uferpionierstandorte untersucht. Als Referenz-Abschnitt diente der Pfynwald an der Rhone, eine der letzten naturnahen Auenlandschaften der Schweiz. Die Aufweitungen wurden in ihrer ganzen Länge und Breite (L: 2-10km, B: ~ bis 500 m) begangen und auf das Vorkommen bzw. Nichtvorkommen dieser beiden Limikolen untersucht (Beobachtungen mit Feldstecher und akustische Wahrnehmungen). Zusätzlich wurden die Strukturparameter Substrat, Vegetation, Mosaik (Vernetzungsgrad der Lebensräume), Strömung, Wasserstand, Grösse der Uferbänke und Inseln (Länge, Breite und Höhe) aufgenommen und kartiert. Mit Hilfe von Assoziationsanalysen wurde der Zusammenhang zwischen dem Vorkommen bzw. Nichtvorkommen der beiden Arten und den Strukturparametern untersucht.
An allen Aufweitungen wurden insgesamt nur wenige Individuen der beiden Arten beobachtet. Beide Arten haben sehr spezifische Ansprüche an ihr Habitat, wobei die verschiedenen, mit Hilfe der Strukturparameter erfassten Habitateigenschaften von Fall zu Fall unterschiedliche Bedeutung haben. Die vorliegende Untersuchung hat einige signifikante Strukturunterschiede zwischen den Standorten aufgezeigt. Diese gilt insbesondere für die Parameter Substrat, Strukturindex und Vernetzungsgrad der Lebensräume (Mosaik). Daraus ergaben sich Hinweise und Erklärungen zum Vorkommen bzw. Nichtvorkommen der beiden Vogelarten an den jeweiligen Standorten. Weitergehende Untersuchungen zur Abhängigkeit der Zielarten auf spezifische Struktureigenschaften sollten durchgeführt werden, um die Wirkung von Aufweitungen besser erfassen und Empfehlungen für im Sinne des Vogelschutzes verbesserte Aufweitungen ableiten zu können.
Aus den Untersuchungen geht hervor, dass die Aufweitungsmassnahmen das Standortpotenzial von Auenlebensräumen erhöhen und deren Entwicklungsmöglichkeiten verbessern. Ihr Beitrag zur Entwicklung von Auenlebensräumen der Umlagerungsstrecken fällt allerdings unterschiedlich gross aus.
Keywords:
Flussgerinneaufweitungen, Alpin, Erfolgskontrolle, Limikolen
Art der Publikation:
Diplomarbeit
Literatur:
Baumann N. (2003): Wirkung von Flussgerinneaufweitungen auf Vögel der Uferpionierstandorte insbesondere Flussuferläufer (Actitis hypoleucos) und Flussregenpfeifer (Charadrius dubius). Diplomarbeit, EAWAG Kastanienbaum & Institut für Natur-, Landschafts- und Umweltschutz NLU der Universität Basel, 92 Seiten.
Kontaktadresse:
Nathalie Baumann, Laufenstrasse 9, CH-4053 Basel
nath_bau@gmx.ch, Nath.Baumann@unibas.ch
Tel: +41 (0)61 332 20 36
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