10.9.2013: Forschung international

Der Boden lebt!

Le sol est vivant!



Franciska T. de Vries et al.

Politik und Praxis kümmern sich bislang kaum um den Schutz der Organismen im Boden. Nach einer aktuellen Veröffentlichung in dem angesehenen Fachjournal PNAS wird sich das hoffentlich schnell ändern. Erstmals ist es dort einem internationalen Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern gelungen zu zeigen, in welchem Umfang die landwirtschaftliche Nutzung das Potenzial der Lebensgemeinschaft im Boden verändert.

La politique et la pratique se soucient jusqu’à présent peu de la protection des organismes du sol. Cela va, espérons-le, rapidement changer à la suite d’une nouvelle publication dans la prestigieuse revue PNAS. Pour la première fois, un groupe international de chercheuses et chercheurs a réussit à montrer à quel point l’usage agricole modifie le potentiel de vie dans le sol.


Kernbotschaft der aktuellen PNAS-Veröffentlichung ist, dass die Bodenorganismen einen derart grossen Einfluss auf ökologische Funktionen von Agrarökosystemen haben, dass dies auch auf kontinentaler Ebene – und zwar trotz riesiger geographischer Unterschiede – einheitlich und konsistent messbar ist. Angesichts der Bedeutung des Nutzungswandels für die Zukunft Europas wird man daraufhin nicht länger ignorieren können, dass sich eine nachhaltige Landbewirtschaftung nur durch den Erhalt einer gesunden Lebensgemeinschaft im Boden erreichen lässt. 

In dem EU-Projekt SoilService untersuchten Forscherinnen und Forschern aus acht europäischen Ländern Äcker und Grünländer quer über den europäischen Kontinent. Dabei erfassten sie in einem interdisziplinären Ansatz sowohl ökologische Parameter – wie die biologische Vielfalt oder die Stoffkreisläufe im Boden – als auch ökonomische Parameter – wie den Ernteertrag oder die Bewirtschaftungskosten. 

Für ihre quantitativen Analysen benutzten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mathematische Modelle, mit denen sich Daten zur Zusammensetzung der unterirdischen Nahrungsnetze auf grossflächige Prozesse übertragen lassen. So konnten sie nachweisen, dass sich der Einfluss der landwirtschaftlichen Nutzung auf die Kohlenstoff- und Stickstoffumsätze in Agrarökosystemen besser durch die Reaktion der Bodenorganismen vorhersagen lässt als durch traditionelle Masse wie die Bewirtschaftungsintensität. Es sei beunruhigend, so die Forschenden, wie deutlich sich in den Analysen der Zusammenhang zwischen der Beeinträchtigung der Lebensgemeinschaft in agrarischen Böden und globalen Prozessen zeigt.
Die von den Forschenden eingesetzten Verfahren erlauben es erstmals, neue Landnutzungsstrategien auf der Grundlage eines soliden biologischen Prozessverständnisses zu entwickeln und Prognosemodelle zur Vorhersage der langfristigen Bodenentwicklung für grosse Flächen einzusetzen. Von diesen wissenschaftlichen Erkenntnissen, so die Hoffnung der beteiligten Wissenschaftler, könnten dann nicht nur Politik und Praxis, sondern wir alle profitieren.

Quelle: Justus-Liebig-Universität Gießen


Keywords:
Bodenorganismen, Ökosystemleistungen, nachhaltige Landnutzungsstrategien

Art der Publikation:
Fachpublikation

Literatur:
de Vries F.T. et al. (2013). Soil food web properties explain ecosystem services across European land use systems. Proceedings of the National Academy of Sciences, 110/35, 14296–14301
http://www.pnas.org/cgi/doi/10.1073/pnas.1305198110

Kontaktadresse:
Prof. Dr. Volkmar Wolters

Professur für Tierökologie

Justus-Liebig-Universität Gießen
D - 35392 Giessen


Volkmar.Wolters@allzool.bio.uni-giessen.de
Tel: +49 (0)641 99 35 700


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