23.5.2013: Forschung CH

Flächenbedarf für die Erhaltung der Biodiversität in der Schweiz

Surface requise pour la conservation de la biodiversité en Suisse



Basierend auf einer umfangreichen Literaturrecherche und der Befragung von rund 200 Biodiversitäts-Expertinnen und –experten, zeigt die aktuelle Studie des Forum Biodiversität Schweiz, dass in der Schweiz die heutige Qualität, Quantität und die Vernetzung vieler Lebensräume nicht ausrei-chen, um deren Biodiversität und Ökosystemleistungen langfristig zu er-halten. Der tatsächliche Flächenbedarf ist deutlich höher als die verbliebe-nen Flächen. Dies variiert je nach Lebensraum und Region. Prioritär gilt es, den Flächen- und Qualitätsverlust sowie die weitere Fragmentierung der Lebensräume zu stoppen. Bei mehreren Lebensräumen sind zusätzlich Aufwertungs- und Wiederherstellungsmassnahmen erforderlich.

Une nouvelle étude du Forum Biodiversité Suisse, fondée sur une recherche bibliographique étendue et une enquête auprès d’environ 200 experts, montre que la qualité, la quantité et la mise en réseau de nombreux milieux naturels sont insuffisantes pour garantir la préservation à long terme de la biodiversité et des services écosystémiques. L’étendue des surfaces effectivement requise est considérablement supérieure aux surfaces existantes. Cela varie en fonction des milieux et des régions. Il s’agit en priorité de stopper la perte des surfaces et la diminution de leur qualité, ainsi que la fragmentation des habitats. Pour plusieurs milieux, des mesures d’amélioration et de restauration se révèlent indispensables.


Laut der 2012 vom Bundesrat beschlossenen Strategie Biodiversität Schweiz soll in den kommenden Jahren eine ökologische Infrastruktur an Schutz- und Vernetzungsgebieten aufgebaut werden, um die Biodiversität und die Leistungen der Ökosysteme langfristig zu erhalten. Dies ist laut Studie des Forum Biodiversität Schweiz dringend nötig. Ohne zusätzliche Massnahmen ginge der seit 150 Jahren fortschreitende Verlust an Biodiversität weiter. Damit sind viele Leistungen der Ökosysteme wie Hochwasserschutz, Bestäubung, Abpufferung von Klimaänderungen oder Erholung zunehmend gefährdet.

Auen etwa sind wichtig im Hochwasserschutz und zählen zu den artenreichsten Lebensräumen. Heute bedecken Auen im Tiefland insgesamt eine Fläche von 233 Quadratkilometern. Die meisten sind viel zu klein, um langfristig bestehen zu können. Dazu müsste ihnen mehr als dreimal so viel Raum gegeben werden wie heute.

Die Waldfläche nimmt in der Schweiz insgesamt zu. Der Anteil an besonders artenreichen lichten Wäldern und sich selbst überlassenen Naturwäldern ist jedoch zu gering, um ihre typische Biodiversität zu erhalten: Für lichte Wälder wären rund 13 Prozent der Waldfläche nötig (heute 3,4 Prozent) und für Naturwälder ca. 20 Prozent (heute 9,6 Prozent). Die Biodiversität in wirtschaftlich genutzten Wäldern kann u.a. mit Altholzinseln gefördert werden. Deren Anzahl müsste deutlich erhöht werden.

Die Landwirtschaft beeinflusst die Biodiversität auf einem Drittel der Landesfläche. Trotz einer vermehrt ökologisch ausgerichteten Agrarpolitik geht die Biodiversität im Landwirtschaftsgebiet weiter zurück. Vor allem im Tiefland sind ökologisch wertvolle Landwirtschaftsflächen selten. Die heutige Fläche von ökologisch hochwertigen Wiesen und Weiden bedarf für die Erhaltung der Biodiversität mehr als einer Verdoppelung. Gemäss Einschätzung von Experten sollte der Anteil der Ackerfläche, der mit umweltschonenden Anbaumethoden wie z.B. dem Biolandbau bewirtschaftet wird, auf ca. 20 Prozent der Ackerfläche (heute 4,9 %) erhöht werden.

Die Umfrage bei den Expertinnen und Experten sowie Angaben aus der wissenschaftlichen Literatur zeigen demnach, dass der Flächenbedarf für die Erhaltung der Biodiversität und der Ökosystemleistungen in 2/2 der Schweiz weit über das hinausgeht, was heute noch an ökologisch wertvollen Flächen vorhanden ist. Insgesamt sollte die Erhaltung und Förderung der Biodiversität auf rund einem Drittel der Landesfläche
Vorrang haben; weitere Nutzungen sind möglich, solange sie sich mit diesem Ziel vereinbaren lassen.

Das Forum Biodiversität empfiehlt, prioritär den Flächen- und Qualitätsverlust sowie die weitere Fragmentierung der Lebensräume zu stoppen. Sollen die Biodiversität und die Leistungen der Ökosysteme langfristig erhalten bleiben, sind jedoch Aufwertungs- und Wiederherstellungsmassnahmen bei mehreren Lebensräumen notwendig, schreiben die Autorinnen und Autoren. Die Studie beruht auf einer Sichtung der wissenschaftlichen Literatur und der Befragung von rund 200 Expertinnen und Experten.

Quelle: SCNAT

Keywords:
Flächenbedarf, Biodiversität, Schweiz, Ökosystemleistungen

Art der Publikation:
Bericht

Literatur:
Jodok Guntern, Thibault Lachat, Daniela Pauli, Markus Fischer (2013). Flächenbedarf für die Erhaltung der Biodiversität und der Ökosystemleistungen in der Schweiz. Hrsg.: Forum Biodiversität Schweiz, Akademie der Naturwissenschaften (SCNAT), Bern. 234 Seiten.
http://www.biodiversity.ch/d/publications/flaechenbedarf_der_biodiversitaet/
http://www.biodiversity.ch/f/publications/flaechenbedarf_der_biodiversitaet/index.php

Kontaktadresse:
Jodok Guntern
Forum Biodiversität Schweiz
Schwarztorstrasse 9
3007 Bern
jodok.guntern@scnat.ch
Tel: +41 (0)31 312 02 75


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