29.1.2013: Forschung international
Die Schattenseiten des Aquarienhandels
Le côté sombre du commerce des aquariums
Sebastian Ferse et al.
Das Sammeln von Meeresorganismen für den Aquarienhandel hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Weltweit werden pro Jahr bis zu 46 Millionen Tiere mit einem Wert zwischen 200 und 330 Millionen US-Dollar gehandelt. Indonesien ist eines der bedeutendsten Herkunftsländer für Aquarientiere aus Korallenriffen. Forscher haben nun untersucht, warum die staatliche Reglementierung des Fangs von Zierorganismen in dem Inselstaat nicht greift.
La collecte d’organismes marins pour le commerce des aquariums a fortement augmenté ces dernières années. Au niveau mondial, jusqu’à 46 millions d’animaux d’une valeur entre 200 et 330 millions de dollars US sont commercialisés chaque année. L’Indonésie est l’un des plus importants pays d’origine des animaux d’aquariums provenant de récifs coralliens. Des scientifiques ont étudié pourquoi les règlementations étatiques sur la capture d’organismes ornementaux n’ont pas d’effets dans cet Etat insulaire.
Lediglich 1-2% der gehandelten Rifforganismen stammt aus Aquariennachzuchten, der Löwenanteil wird immer noch wild gefangen. Um mögliche Schutzinterventionen vorschlagen zu können, untersuchten die Wissenschaftler die Lebensbedingungen der Fischer und wie sie in den Handel mit Zierorganismen involviert sind. Die Forscher interessierten sich insbesondere für die sozialen Bedingungen und Abhängigkeiten, die der Arbeit der Fischer zugrunde liegen.
Sie fanden heraus, dass die Fischer eines Archipels vor Südwest-Sulawesi in ein archaisch anmutendes Lehnsystem eingebunden sind. Die Fischer arbeiten für Mittelsmänner, so genannte Patrone. Bei diesen liefern sie ihren Fang ab und erhalten dafür ein Entgelt, was meist unter den marktüblichen Preisen liegt. Was, wie viel und womit gefangen wird, ist letzten Endes Sache der Auftraggeber. Verpflichtet sich der Fischer, regelmässig Ware bei «seinem» Patron abzuliefern, bietet dieser ihm eine Art soziale Absicherung, die er vom Staat nicht erhalten würde. Der Patron gewährt kleine Kredite, Unterstützung im Krankheitsfall oder bei materiellen Verlusten durch Naturgewalten.
Die Patrone sind mit dem nationalen und internationalen Handel gut vernetzt und leiten die Nachfrage an die Fischer weiter. Die meisten Patrone haben sich auf bestimmte Tierarten spezialisiert, so dass ein Markt für eine grosse Vielfalt an Rifforganismen entstanden ist. Viele Rifftiere sind deshalb vor Sulawesi sehr selten geworden. Zwar hat der indonesische Staat zum Schutz der Riffe Fangquoten eingerichtet und vergibt Fanglizenzen, die über die Patrone an die Fischer weitergereicht werden. Die staatliche Reglementierung findet allerdings kaum Beachtung: Die Patrone lassen auch Fischer ohne Lizenz für sich arbeiten. Viele Fänge erscheinen daher nicht in den offiziellen Fangstatistiken.
Nach Einschätzung der Forschenden sind die Patrone zwar wesentliche Mitverursacher der ökologischen Probleme, sie könnten jedoch auch deren Lösungsansatz sein. Diese – bisher oft übersehenen – Bindeglieder zwischen Fischer und Markt üben einen entscheidenden Einfluss auf das Verhalten der Fischer aus und sollten in Managementmassnahmen mit einbezogen werden, um eine nachhaltige Nutzung der Meeresressourcen anzustreben.
Quelle: Leibniz-Zentrum für Marine Tropenökologie (ZMT)
Keywords:
Aquarienhandel, Meere, Korallenriffe, Ökonomie
Art der Publikation:
Fachpublikation
Literatur:
Ferse S.C.A., L. Knittweis, G. Krause, A. Maddusila, M. Glaser (2012). Livelihoods of ornamental coral fishermen in South Sulawesi/Indonesia: implications for management. Coastal Management 40(5):525-555. doi:10.1080/08920753.2012.694801.
Kontaktadresse:
Dr. Sebastian Ferse
Leibniz-Zentrum für Marine Tropenökologie
Fahrenheitstr. 6
D-28359 Bremen
sebastian.ferse@zmt-bremen.de
Tel: +49 (0)421 23800 28
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