13.12.2012: Forschung international

Nanoteilchen für Umwelt gefährlicher als bislang angenommen?

Les nanoparticules: un danger pour l’environnement?



Mirco Bundschuh et al.

Eine neue Studie hat nachgewiesen, dass Nanopartikel Kleintiere stärker schädigen, als bisherige Tests zeigen. So reagieren bei Wasserflöhen (Daphnia magna) Nachkommen von Elterntieren, die Nanoteilchen aus Titandioxid ausgesetzt waren, deutlich empfindlicher als Nachkommen von Elterntieren aus einer Kontrollgruppe. Dies ist der Fall, obgleich die Nachkommen selbst nicht den Nanopartikeln ausgesetzt waren. Bei den Elterntieren wurden mit den üblichen Testverfahren keine Auswirkungen durch die Nanopartikel festgestellt. Bisherige Standardtests erfassen die Wirkung in der nächsten Generation nicht.

Une nouvelle étude a montré que les nanoparticules nuisent davantage aux petits animaux que les tests le laisse supposer jusqu’ici. Ainsi, les descendants de puces aquatiques (Daphnia magna) dont les parents ont été exposés au dioxyde de titane sont nettement plus sensibles que les descendants de parents d’un groupe de contrôle. C’est le cas même si la descendance elle-même n’a pas été exposée aux nanoparticules. Par contre, les tests courants n’ont décelé aucune répercussion des nanoparticules sur les parents. Les tests standards utilisés ne répertorient pas les effets sur la seconde génération.


Je nach Dosierung der Nanopartikel sind die Nachkommen zwei- bis fünfmal empfindlicher gegenüber diesen Teilchen als unbehandelte Wasserflöhe. Schon in Konzentrationen, die um den Faktor 50 unterhalb der üblichen Wirkschwelle bei Elterntieren liegen, wirkt sich das bislang eher als unbedenklich geltende Titandioxid deutlich auf die nachfolgende Generation aus. Die niedrigste Dosierung, der die Elterntiere ausgesetzt waren, lag nur 20-fach über der im Rahmen anderer wissenschaftlicher Studien für Freiland-Gewässer vorhergesagten Konzentration. Durch den Vergleich mit den in dieser neuen Studie ermittelten Effektschwellen liesse sich in der regulatorischen Risikobewertung somit ein Risiko ableiten.
Die Studie untermauert laut den Forschenden, dass Nanomaterialien aufgrund ihrer besonderen Eigenschaften überraschende Wirkungen hervorrufen können. Daher würden klassische Untersuchungen und Risikobewertungen nicht ausreichen. Die Zulassungsbehörden müssten sich zügig für eine Weiterentwicklung und Einführung angepasster Tests einsetzen, um auch langfristige Risiken zuverlässiger bewerten zu können. Schliesslich gelangen Nanopartikel dauerhaft in die Umwelt.
Die Giftigkeit von Stoffen für die aquatische Umwelt wird meist anhand von Standard-Tests unter anderem an Wasserflöhen geprüft. Diese besitzen eine wichtige Bedeutung in der Nahrungskette von Seen und Teichen, sind einfach zu züchten und reagieren empfindlich auf Schadstoffe. Deren Auswirkungen lassen sich einfach und schnell über die Bewegungsfähigkeit der Wasserflöhe feststellen. Dazu gibt es von der OECD genormte Handlungsanweisungen, um vergleichbare Werte zu ermitteln. Sie beschränken sich jedoch auf eine Generation und berücksichtigen nicht deren Nachkommen.
Zahlreiche Branchen wie Elektronik, Chemie, Medizin oder Kosmetik setzen Nanopartikel bereits in grossem Massstab ein. Zum Beispiel enthalten Sonnencremes, Deodorants, Zahnpasten oder Salatdressings zur Aufhellung Nanoteilchen aus Titandioxid. Aufgrund der Wachstumsprognosen für Herstellung und Einsatz von Nanoteilchen ist damit zu rechnen, dass sie zunehmend in die Umwelt gelangen. Obwohl über ihre Wirkung auf Mensch und Umwelt wenig bekannt ist, müssen Produkte mit Nanopartikeln nicht gekennzeichnet werden.

Quelle: Universität Koblenz-Landau


Keywords:
Nanoteilchen, Gewässer, Risikobewertung

Art der Publikation:
Fachpublikation

Literatur:
Mirco Bundschuh, Frank Seitz, Ricki R. Rosenfeldt, Ralf Schulz (2012): Titanium dioxide nanoparticles increase sensitivity in the next generation of the water flea Daphnia magna. PLoS ONE 7(11): e48956. doi:10.1371/journal.pone.0048956
http://dx.plos.org/10.1371/journal.pone.0048956

Kontaktadresse:
Prof. Dr. Ralf Schulz
Universität Koblenz-Landau
Fortstraße 7
D-76829 Landau

r.schulz@uni-landau.de
Tel: +49 (0)6341 280-31327


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