11.12.2012: Forschung international
Belastete Gewässer haben grösseres Invasionsrisiko
Les eaux polluées plus enclines aux invasions
Denise Früh, Stefan Stoll und Peter Haase
Forschende haben nachgewiesen, dass Fliessgewässer, die mit Schadstoffen belastet sind, häufiger von eingeschleppten Arten besiedelt werden. Diese Erkenntnis zeigt im Umkehrschluss, dass eine Reduzierung der Gewässerbelastung und eine Renaturierung von Gewässern Vorsorgemassnahmen sind, die das Invasionsrisiko senken.
Les scientifiques ont montré que les eaux courantes chargées en polluants sont plus souvent colonisées par des espèces exotiques. Ce constat montre qu’a contrario la réduction de la pollution et la renaturation des cours d’eau sont des mesures de prévoyance entraînant une diminution du risque d’invasion.
Die Wissenschaftler haben fast 1000 Standorte in Flüssen und Bächen auf das Risiko einer Invasion durch fremde Arten untersucht. Das Resultat: insbesondere belastete Gewässer haben ein erhöhtes Invasionsrisiko. Die untersuchten invasiven Arten – Schnecken, Muscheln, Flohkrebse und Asseln – verhalten sich dabei sehr ähnlich. Besonders an Orten mit erhöhter Salzbelastung, geringerer Sauerstoffsättigung und erhöhter Temperatur scheinen sich die vier verschiedenen Tiergruppen wohlzufühlen.
Doch warum breiten sich diese Neozoen bevorzugt in den bei der heimischen Fauna unbeliebten Gewässern aus? Durch die Art ihrer Verschleppung sind die Tiere ein extremes Milieu gewöhnt; daher werden invasive Arten begünstigt, die diese Bedingungen vertragen, schreiben die Forschenden.
Die meisten aquatischen Zuwanderer werden im Ballastwasser grosser Schiffe in fremde Gewässer transportiert. In die riesigen Tanks zur Stabilisierung von Schiffen wird wechselnd Süss- und Salzwasser gefüllt, die Temperatur schwankt und der Sauerstoff kann knapp werden. Diese Bedingungen überleben nur besonders stresstolerante Arten unter den blinden Passagieren.
Die Zunahme des Schiffsfrachtverkehrs wird längerfristig auch zu vermehrten Invasionen führen. Im viel befahrenen Rhein leben heute bereits allein über 45 Arten wirbelloser Einwanderer. Heimische Arten haben ein doppeltes Nachsehen: Einerseits durch die Belastung der Gewässer und anderseits durch die Verdrängung durch die Neuankömmlinge. Invasive Arten bedrohen die Artenvielfalt, denn meistens sind es die in anderen Regionen häufig vorkommende Arten, welche die Gewässer besiedeln und dabei heimische, seltene Arten verdrängen.
Quelle: Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseen
Keywords:
Invasive Arten, Gewässer, Gewässerschutz, Renaturierung
Art der Publikation:
Fachpublikation
Literatur:
Denise Früh, Stefan Stoll & Peter Haase (2012): Physico-chemical variables determining the invasion risk of freshwater habitats by alien mollusks and Crustaceans. Ecology and Evolution 2(11): 28432853 DOI: 10.1002/ece3.382
Denise Früh, Stefan Stoll & Peter Haase (2012): Physicochemical and morphological degradation of stream and river habitats increases invasion risk. Biological Invasions Volume 14, Issue 11: 2243-2253 DOI 10.1007/s10530-012-0226-9
Kontaktadresse:
Dr. Stefan Stoll
Abteilung Fließgewässerökologie und Naturschutzforschung
Senckenberg
Forschungsinstitut und Naturmuseum
Senckenberganlage 25
D-60325 Frankfurt
Stefan.Stoll@senckenberg.de
Tel: +49 (0)6051 61954-3123
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