23.10.2012: Forschung international
Schlechte Aussichten für den Regenwald
Sombres perspectives pour la forêt tropicale
William F. Laurance et al.
Die Zukunft der Regenwälder sieht düster aus, wenn sich die Menschheit nicht noch sehr viel stärker für den Erhalt der tropischen Lebensräume einsetzt. Erschreckende 50 Prozent der heutigen Schutzgebiete in tropischen Regenwäldern weltweit sind zunehmend gefährdet. Dieses Fazit ziehen die Autoren einer Studie, die im Magazin «Nature» veröffentlicht wurde.
L’avenir des forêts tropicales est sombre si les hommes ne s’engagent pas plus franchement pour la conservation des écosystèmes tropicaux. Il est consternant d’apprendre que 50 pourcent des réserves forestières tropicales sont actuellement de plus en plus menacées. C’est la conclusion que tirent les auteurs d’une étude publiée dans la revue «Nature».
Die Studie beruht auf Forschungen der vergangenen 20 bis 30 Jahre. Tropenökologen haben sie weltweit in 60 unter Schutz stehenden Regenwäldern an insgesamt 31 Organismengruppen erarbeitet. Wie effektiv sind Naturschutzgebiete für die Erhaltung der Biodiversität im Regenwald? Dieser Frage geht die Studie nach, die so umfassend ist wie keine zuvor – und ihre Antwort fällt wenig erfreulich aus.
Selbst in vielen Naturschutzgebieten, die zur Bewahrung der Biodiversität in tropischen Regenwäldern eingerichtet wurden, verzeichnen die Wissenschaftler eine sehr negative Entwicklung. Hauptursachen sind die sinkende Lebensraumqualität, die Wilderei und die anhaltende Ausbeutung von Waldprodukten.
Schutzgebiete sind meist zu klein und zu fragmentiert, um allen Arten ausreichenden Lebensraum zu bieten und regelmässige Ein- und Auswanderungen zu erlauben. Sie sind zu stark isoliert, um den Austausch von Individuen zu gewährleisten, der für die Stabilisierung der Populationen und für die Erhaltung der genetischen Variabilität erforderlich ist. Die starke Fragmentierung vieler Schutzgebiete führt ausserdem zu überaus grossen, störungsanfälligen Randbereichen, die oft an biodiversitätsfeindliche, menschengemachte Areale grenzen.
Der stetige Schwund an Regenwald erzeugt einen besonders hohen Druck auf die grossen Raubtiere und generell auf alle Arten mit viel Raumbedarf. Ihr Lebensraum schrumpft mit dem steigenden Anspruch der Menschen auf Siedlungs- und Nutzflächen. Das Verschwinden der grossen Raubtiere hat Folgen: Ohne sie finden wichtige Regulationsprozesse nicht mehr statt.
Eine extrem negative Rolle spielt die professionell organisierte Wilderei, die nicht dem eigenen Kochtopf dient, sondern lukrative Märkte beliefert. Das Wildfleisch lässt sich in Geld umsetzen.
Das Resultat sind „leere Wälder“. Dieses Phänomen wurde in den vergangenen zwei bis drei Jahrzehnten immer deutlicher, in seiner Allgegenwärtigkeit in den Tropenwald-Schutzgebieten aber nur sehr verzögert erkannt.
Quelle: Julius-Maximilians-Universität Würzburg
Keywords:
Regenwald, Schutzgebiete, Wilderei, Fragmentierung, Lebensraumzerstörung
Art der Publikation:
Fachpublikation
Literatur:
Laurance W.F. et al. (2012). Averting biodiversity collapse in tropical forest protected areas. Nature online, 25. Juli 2012, doi:10.1038/nature11318
Kontaktadresse:
Prof. Dr. Karl Eduard Linsenmair
Lehrstuhl Tierökologie und Tropenbiologie (Zoologie III) im Biozentrum der Universität Würzburg
Am Hubland
D-97074 Würzburg
ke_lins@biozentrum.uni-wuerzburg.de
Tel: +49 (0)93 13 18 43 51
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