20.9.2012: Forschung international

Nachhaltige Fischerei: Beschränkung der Fangmengen bringt hohe wirtschaftliche Erträge

Pêche durable: une limitation des captures entraîne des gains économiques importants



Martin F. Quaas et al.

Mehr als zwei Drittel aller Fischbestände weltweit gelten als überfischt oder bis zur Tragfähigkeitsgrenze genutzt. Besonders betroffen sind die Bestände beliebter Speisefische in der Nord- und Ostsee wie Kabeljau, Seelachs, Seezunge oder Scholle. Sie erholen sich nur langsam – trotz verschiedener Ansätze für ein nachhaltiges Fischereimanagement. Wissenschaftler haben nun ein Konzept entwickelt, der sogenannte Schattenzinssatz, mit dem sich der Grad der Überfischung von 13 kommerziell voll genutzten europäischen Fischarten sowohl volkswirtschaftlich als auch biologisch bewerten lässt. Dieser misst den zukünftigen wirtschaftlichen Ertrag, der bei einer geringfügigen Absenkung der aktuellen Fangquoten entstehen würde.

Plus des deux tiers de toutes les populations de poissons dans le monde sont victimes de surpêche ou sont exploités jusqu’à la limite du viable. Les populations de poissons de la mer du Nord et de la Baltique, comme le cabillaud, le colin, la sole ou le carrelet, sont particulièrement touchés. Malgré les efforts réalisés en vue d’une gestion durable de la pêche, ces populations ne se rétablissent que lentement. Des scientifiques ont maintenant développé un concept nommé taux d'intérêt caché, avec lequel le degré de surpêche de 13 espèces de poissons européens peut être estimé sur un plan économique et biologique. Celui-ci mesure en effet les gains économiques qui résulteraient d'une diminution minime des quotas de pêche actuels.


Bisher wurden für die Entwicklung von nachhaltigen Fischereimanagementkonzepten für einzelne Bestände entweder biologische Referenzwerte wie Bestandsdichte und Sterblichkeit oder ökonomische Bewertungen wie Fangmenge und nachhaltiger Ertrag herangezogen. Eine alternative und neue Methode ist die Berechnung von sogenannten Schattenzinssätzen. Den Forschenden ist es zum ersten Mal gelungen, biologische und ökonomische Faktoren in einer Kennzahl zusammenzufassen. Sie können mit der Berechnung des Schattenzinssatzes nicht nur den Grad der Überfischung bestimmen. Die einzelnen Bestände lassen sich nun auch vergleichen.
Die Berechnung des Schattenzinssatzes erfordert ein kompliziertes mathematisches Modell. Das ist vergleichbar mit dem Aufwand, den zukünftigen Ertrag eines Unternehmens zu bestimmen. Die Berechnungen beruhen dabei auf wissenschaftlich abgesicherten Modellen und statistischen Methoden. Einfach ist hingegen die Interpretation des Schattenzinssatzes: Dieser misst den zukünftigen wirtschaftlichen Ertrag, der bei einer geringfügigen Absenkung der aktuellen Fangquoten entstehen würde.
Noch immer gelten die Meeres-Fischbestände als eine Gemeinschaftsressource, wobei der gefangene Fisch dem Fischer, der Fisch im Meer aber der Allgemeinheit gehört. Der Fischer leiht sich die natürliche Ressource Fisch – ohne dass bisher dafür angemessene Zinssätze berechnet wurden. Geht man davon aus, dass der Ertrag steigt, wenn weniger Fische gefangen werden, bedeutet dies eine Investition des Fischers in einen wachsenden Fischbestand. Diesem Wachstum haben die Kieler Fischereibiologen und Ökonomen jetzt einen Wert zugesprochen, den sogenannten Schattenzins. Für 13 Arten konnten Schattenzinssätze zwischen 10 Prozent (Norwegischer Stintdorsch) und 90 Prozent (Nordseekabeljau) identifiziert werden. Je höher der Prozentsatz, desto überfischter ist der Bestand und desto mehr würde sich eine Investition gleichermassen für die Fischer wie auch den Bestand lohnen.

Quelle: Christian-Albrechts-Universität zu Kiel


Keywords:
Fischerei, Nachhaltigkeit, Schattenzinssatz, Ökonomie

Art der Publikation:
Fachpublikation

Literatur:
Quaas M.F. et al. (2012). Fishing industry borrows from natural capital at high shadow interest rates. Ecological Economics, August 2012, http://dx.doi.org/10.1016/j.ecolecon.2012.08.002

Kontaktadresse:
Prof. Dr. Martin F. Quaas
Institut für Volkswirtschaftslehre
Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
Olshausenstraße 40
D-24118 Kiel

quaas@economics.uni-kiel.de
Tel: +49 (0) 431-880-3616


Zurück zur Liste