20.9.2012: Aufgegriffen
3. Europäischer Naturschutzkongress: Mehr massstabsgerechtes Handeln
3ème congrès européen de protection de la nature: davantage d’action adaptée à l’échelon de la vie
Vielfalt ist ein zentrales Element aller Ebenen des Lebens, von einzelnen Genen bis zu ganzen Ökosystemen. Naturschutz muss daher auch auf der entsprechenden Ebene oder Skala angebunden werden. Massstabsgerechtes Handeln stellt sich als ein kritisches neues Thema in der Naturschutzpraxis heraus. Darauf haben Wissenschaftler am 3. Europäischen Naturschutzkongress hingewiesen, der im August in Glasgow stattgefunden hat.
La diversité est un élément central à tous les niveaux de la vie, des gènes jusqu’aux écosystèmes entiers. La protection de la nature doit donc s’adapter à ces différents niveaux ou échelons correspondants. Adapter les mesures à l'échelon visé s’est avéré être un nouveau thème pertinant pour la mise en pratique de la protection de la nature. C’est le message transmis par les scientifiques participant au 3ème congrès européen de protection de la nature qui s’est déroulé en août à Glasgow.
Wissenschaftler haben bei Analysen eine Reihe von Unstimmigkeiten aufgedeckt, die sich häufig zwischen den Massstäben ergeben, in denen biologische Phänomene und Prozesse auftreten und wirken, und den Massstäben, in denen Ökologen arbeiten, um die biologische Vielfalt zu erforschen oder den Massstäben auf denen die Umsetzung von praktischen Massnahmen zum Schutz von Arten, Lebensgemeinschaften oder Ökosystemen erfolgt. Dies betrifft vor allem die Politik und die Verwaltung in Fragen der grünen Infrastruktur und der Überwachung der biologischen Vielfalt.
Diese Bedenken und neue Erkenntnisse wurden auf einem SCALES-Symposium während des 3. Europäischen Naturschutzkongresses (ECCB) in Glasgow vom 28. bis 31. August 2012 diskutiert. «Es ist lange bekannt, dass Massstabsfragen eine wichtige Rolle in der ökologischen Forschung spielen. In den letzten Jahren wird jedoch zunehmend klar, dass Massstabsbewusstsein auch entscheidend ist bei der Gestaltung und Durchführung der Naturschutzpraxis. Naturschutz in einer sich rasch verändernden Welt erfordert systematische und dynamische Ansätze, um die Zeit von Forschungsergebnissen in die Umsetzung der Politik zu verkürzen», eröffnete Dr. Klaus Henle vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig und Koordinator des SCALES-Projektes die Diskussion.
Prof. William Kunin von der Universität Leeds (Großbritannien) fügte hinzu: «Die Politik sollte sich nicht nur auf den Schutz der Artenvielfalt in einem Gebiet konzentrieren (von Wissenschaftlern alpha-Diversität genannt), sondern auch auf Veränderungen in der Artenzusammensetzung von einem Lebensraum zum anderen (von Wissenschaftlern beta-Diversität genannt). Der Aspekt der beta-Diversität, also der Schutz von gebietstypischen Lebensgemeinschaften statt nur einer möglichst hohen Anzahl von Arten einerseits oder sogar der Beschränkung auf die gezielte Erhaltung einzelner Arten andererseits, sollte als ein zusätzliches Ziel aufgenommen werden und könnte die Wirksamkeit von Naturschutzmassnahmen verbessern.»
Dr. Szabolcs Lengyel und sein Team von der University of Debrecen (Ungarn) präsentierte einen Überblick über die Literatur, die untersucht, wie bestimmte Strategien für bestimmte Massstäbe geeignet sind. Obwohl sie ein allgemein wachsendes Bewusstsein für Massstabsfragen im Naturschutz gefunden haben, gibt es immer noch deutliche Lücken. Zum Beispiel basieren das Management oder die Wiederherstellung von Lebensräumen selten auf gründlichen Planungen und es besteht ein Mangel an Naturschutzplanung, die auf Ökosystem-Dienstleistungen abzielt. Die Forschenden fordern Naturschützer und politische Entscheidungsträger auf, massstabsgerechte Ansätze zu entwickeln – vergleichbar mit Zellbiologen, die auch unterschiedliche Vergrösserungsmassstäbe bei ihren Mikroskopen verwenden, je nachdem, was sie untersuchen wollen.
«Die grösste Kluft zwischen Wissenschaftlern und politischen Entscheidungsträgern ist vielleicht der Geschwindigkeitsunterschied. Wir müssen schneller arbeiten und die Ergebnisse der Praxis zur Verfügung stellen. Die wissenschaftlichen Arbeiten werden ihr wichtigstes Zielpublikum nicht erreichen, so lange die Zeit bis zur Veröffentlichung zu gross und die Sprache zu technisch sind und die Ergebnisse nur in Fachzeitschriften wenigen Empfängern zu Verfügung stehen. Stattdessen müssen wir viel schneller kommunizieren sowie unsere Daten und Erkenntnisse viel offener bereitstellen», schloss Klaus Henle.
Quelle: Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung - UFZ
Keywords:
Naturschutz, Massstab, Forschung und Praxis, Europäischer Naturschutzkongress
Art der Publikation:
Bericht
http://www.ufz.de/index.php?de=30775
Kontaktadresse:
PD Dr. Klaus Henle
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ)
Department Naturschutzforschung
Permoserstraße 15
D-04318 Leipzig
Klaus.Henle@ufz.de
Tel: +49 (0)341-235-1270
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