20.8.2012: Forschung CH
Heidelerche bevorzugt lückige Bodenvegetation
L’alouette lulu préfère un enherbement partiel du sol
Raphaël Arlettaz et al.
Eine neue Studie aus der Schweiz zeigt, dass ein nur teilweise von Vegetation bedeckter Boden ein wichtiges Element im Lebensraum der Heidelerche ist. Diese selten gewordene Vogelart bewohnt traditionell bewirtschaftete Landwirtsgebiete, darunter auch Weinberge. Bereiche mit gänzlich vegetationsfreien Böden als Folge der Anwendung von Herbiziden werden von den Lerchen genauso gemieden wie Orte mit geschlossener Pflanzendecke. Weinbau-Praktiken, die zu geeigneten Vegetationsmosaiken führen, sollten vermehrt gefördert werden.
Une nouvelle étude suisse montre qu’un sol partiellement couvert d’herbe est un élément important de l’habitat de l’alouette lulu. Cette espèce devenue rare habite les paysages agraires traditionnels et les vignobles. Les zones complètement libres de végétation suite à l’utilisation d’herbicides tout comme celles avec un couvert végétal continu sont évitées. Les pratiques viticoles engendrant une mosaïque végétale appropriée devraient à l’avenir être encouragées.
Forschende der Universität Bern und der Schweizerischen Vogelwarte nahmen in ihrer neuesten Studie eine Vogelart der Weinberge als Modellart unter die Lupe – die Heidelerche, eine insektenfressende Art, die häufig in traditionell bewirtschafteten Landwirtschaftsgebieten vorkommt und europaweit zurückgeht.
Heidelerchen wurden mit Radiosendern versehen, damit ihr Nahrungssuchverhalten in den Walliser Weinbergen verfolgt werden konnte. Danach verglich man die Merkmale der von den Vögeln aufgesuchten Gebiete mit Zufallspunkten, die innerhalb des Aktionsraums der Vögel lagen, von den Heidelerchen aber gemieden wurden. Die Ergebnisse waren eindeutig: Das Vorhandensein einer Pflanzendecke war der mit Abstand wichtigste Faktor zur Erklärung des räumlichen Aktivitätsmusters der Vögel. Für ihre Nahrungssuche bevorzugten die Heidelerchen Bereiche, deren unmittelbare Umgebung zu etwa 55 Prozent mit Vegetation überwachsen war. Vegetationslose Böden, die immer noch 95 Prozent der Walliser Weinberge kennzeichnen und eine Folge der systematischen Anwendung von Herbiziden sind, wurden von den Vögeln nicht aufgesucht. Paradoxerweise galt dies auch für die wenigen Parzellen, welche nach biologischen Kriterien bewirtschaftet werden und dadurch eine dichte und kontinuierliche Bodenvegetation aufwiesen. Dies lässt sich folgendermassen erklären: Im begrünten Teil leben die Wirbellosen, welche als Beutetiere geschätzt werden und mit denen die Vögel ihre Brut füttern. Vegetationsfreie Zwischenräume sind dagegen nützliche Zugangswege bei der Nahrungssuche; in dicht bewachsenem Gelände ist ein Vorwärtskommen für die Vögel viel schwieriger. Das System mit einer gut gefüllten Speisekammer, die über eine möglichst hindernisfreie Schnellstrasse leicht zugänglich ist, deckt die Bedürfnisse der Heidelerchen optimal ab. Die Autorinnen und Autoren der Studie sprechen sich daher klar für eine Praxis mit teilbegrünten Bereichen in Weinbaugebieten aus. Bei gezielter Anwendung werden so nicht nur die insektenfressenden Vögel gefördert, sondern auch die Körnerfresser. Hinzu kommen mehrere seltene Pflanzen- und Kleintierarten wie gewisse Heuschrecken oder Schmetterlinge, die ebenfalls auf kleine vegetationsfreie Flächen angewiesen sind.
Keywords:
Heidelerche, Weinbau, Telemetrie, Lebensraumansprüche, Landwirtschaft
Art der Publikation:
Fachpublikation
Literatur:
Raphaël Arlettaz et al. (2012). New vineyard cultivation practices create patchy ground vegetation, favouring Woodlarks. Journal of Ornithology 153: 229238.
http://www.cb.iee.unibe.ch/content/publications/
Kontaktadresse:
Prof. Dr. Raphaël Arlettaz
Institut für Ökologie und Evolution
Universität Bern
Baltzerstrasse 6
3012 Bern
raphael.arlettaz@iee.unibe.ch
Tel: +41 (0)31 631 31 61
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