21.6.2012: Forschung CH

Neophyten und trockenheitstolerante Pflanzen profitieren vom Klimawandel

Les néophytes et les plantes tolérant la sécheresse profitent du changement climatique



Christoph Bühler

Auswertungen von Daten des Biodiversitätsmonitorings Schweiz BDM liefern Anzeichen dafür, dass der Klimawandel die Vegetation der Schweiz beeinflusst. Im Gegensatz zu anderen Studien beschränken sich die gefundenen Effekte nicht auf Veränderungen in hochalpinen Lagen. In klimatisch milden Gebieten der Schweiz haben vor allem kurzlebige und trockenheitstolerante Gefässpflanzenarten und Neophyten signifikant zugenommen. Neben dem Klimawandel dürften noch andere Ursachen an diesem Trend beteiligt sein.

L’analyse de données du Monitoring de la Biodiversité Suisse MBD livrent des indices montrant que le changement climatique influence la végétation suisse. A l’inverse d’autres études, les effets constatés ne se limitent pas à des changements dans les zones subalpines. Dans les régions de Suisse au climat doux, ce sont avant tout les plantes vasculaires de courte durée de vie et tolérantes à la sécheresse et les néophytes qui ont augmenté de manière significative. En plus du changement climatique, d’autres causes devraient expliquer cette tendance.


Nach zehn Beobachtungsjahren wurden die Gefässpflanzen-Erhebungen des Biodiversitätsmonitorings Schweiz BDM nach Anzeichen für allgemeine Veränderungen der Vegetation der Schweiz untersucht. Zu diesem Zweck wurden ökologisch interpretierbare Gruppen von Zeigerarten (Flora Indicativa) ausgewertet. Das aus den Ergebnissen zusammengestellte Faktenblatt betrachtet diejenigen Trends, die sich als Auswirkung des Klimawandels interpretieren lassen.

1. Ausbreitung in höhere Lagen
Verschiedene Ergebnisse legen nahe, dass sich die Höhenverbreitung der Gefässpflanzenarten gegenwärtig verändert. In hochmontanen und subalpinen Höhenlagen (Berggrünlandstufe) stellen wir eine überdurchschnittliche Zunahme von Arten fest, die eigentlich für tiefer gelegene, mildere Lagen kennzeichnend sind.

2. Mehr Wärme, Trockenheit und eine Ruderalisierung in tiefen Lagen
Für das Mittelland und für milde Lagen generell gibt es Hinweise, dass die Lebensräume für Pflanzen einerseits wärmer, andererseits aber auch trockener werden. Nebst Wärmezeigern haben in den letzten zehn Jahren auch trockenheitstolerante Gefässpflanzenarten in tiefen Lagen statistisch signifikant zugenommen. Besonders deutlich ist die Artenzunahme bei den Unkraut- und Ruderalpflanzen in den milden Lagen der Schweiz.

3. Zunahme von Neophyten
Die Zahl der beobachteten Neophyten-Arten pro BDM-Messfläche hat relativ zum Ausgangszustand im Jahr 2001 betrachtet stärker zugenommen als die Zahl der einheimischen Arten. Unter den Neophyten haben besonders diejenigen Arten zugenommen, die eine hohe Affinität zu warmen Temperaturen haben.

Bisherige Studien konnten klimabedingte Reaktionen von Gefässpflanzen aus methodischen Gründen meist nur lokal und über mehrere Jahrzehnte hinweg und nur für hochalpine Lagen beschreiben. Mit den BDM-Daten lassen sich nun ähnliche Trends für eine kürzere Zeitspanne, über die gesamte Fläche der Schweiz und für eine breitere Palette von Lebensräumen und Höhenstufen als allgemeines Phänomen bestätigen.
Zwar sprechen viele Hinweise dafür, dass die Klimaerwärmung die Vegetation verändert. Anhand reiner Umweltbeobachtung einen kausalen Zusammenhang zu belegen, ist aber aus methodischen Gründen bisher nicht möglich. Es wäre deshalb zu einfach, das veränderte Klima als einzige Ursache für aktuelle Vegetationstrends anzuführen. Insbesondere in tiefen Lagen vermischen sich die Effekte des Klimawandels mit den Effekten, die durch eine veränderte Landnutzung oder auch durch die atmosphärische Schadstoffdeposition bedingt sind.


Keywords:
Klimawandel, Vegetation, Trockenheit, Neophyten, Monitoring

Art der Publikation:
Bericht

Literatur:
Bühler Ch. (2012). Spuren des Klimawandels in der Vegetation? Spezialauswertung des Biodiversitätsmonitorings Schweiz. BDM-Facts Nr. 4 / März 2012. Bundesamt für Umwelt BAFU
http://www.biodiversitymonitoring.ch/de/downloads/broschueren.html
http://www.biodiversitymonitoring.ch/fr/downloads/brochures.html



Kontaktadresse:
Koordinationsstelle BDM-CH, c/o Hintermann & Weber AG, Austrasse 2a, CH-4153 Reinach BL
buehler@hintermannweber.ch
Tel: +41 (0)61 717 88 83


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