18.6.2012: Forschung international
Invasive Arten sind anders
Les plantes invasives sont différentes
Sonja Knapp und Ingolf Kühn
Gebietsfremde Pflanzenarten nutzen spezielle Strategien und können sich somit gegenüber einheimischen Pflanzen durchsetzen. Diese unterscheiden sich zum Teil deutlich von den Ausbreitungsstrategien einheimischer Pflanzenarten, wie Forschende nun nachweisen konnten. Die Ergebnisse sind ein Argument dafür, dass in der Ökologie weiterhin zwischen einheimischen und gebietsfremden Arten unterschieden werden sollte.
Les plantes exotiques utilisent des stratégies particulières qui leur permettent de s’imposer face aux plantes indigènes. Ces stratégies de propagation se différencient nettement des celles des espèces végétales indigènes, comme l’on montré des scientifiques. Les résultats soulignent l’importance de différencier en écologie entre espèces indigènes et exotiques.
Zwei Forschende sind der Frage nachgegangen, ob die Häufigkeit des Vorkommens gebietsfremder Pflanzenarten durch andere Merkmale begünstigt wird als bei einheimischen Arten. Dabei nutzten sie die Datenbank biologisch-ökologischer Merkmale der Flora Deutschlands (BiolFlor) mit über 3’600 einheimischen sowie etablierten eingewanderten Arten von Farn- und Blütenpflanzen. Sie verglichen Merkmale wie Lebensdauer, Bestäubungsstrategie oder Besetzung unterschiedlicher Lebensräume und setzten diese Merkmale jeweils in Relation zur Häufigkeit des Vorkommens einer Art.
Ihre Ergebnisse zeigen, dass die Häufigkeit der eingewanderten Pflanzenarten tatsächlich durch andere Strategien begünstigt wird als die Häufigkeit einheimischer Arten. Die eingewanderten Arten profitieren insbesondere davon, dass sie erst spät im Jahr blühen. Das Merkmal der Blühzeit ist dagegen für die Häufigkeit einheimischer Arten nicht relevant. Einige der häufigen gebietsfremden Pflanzenarten suchen sich eine zeitliche Nische zwischen Oktober und Dezember, in der die einheimische Konkurrenz grösstenteils nicht mehr blüht. Die noch übrig gebliebenen Bestäuber wie Bienen, Hummeln und andere Insekten haben sie dann für sich allein.
Für viele einheimische Arten ist es eine vorteilhafte Strategie, sich in möglichst vielen unterschiedlichen Lebensräumen zu etablieren, also beispielsweise in waldigen Gebieten und gleichzeitig auch auf Wiesen gut zurechtzukommen. Für gebietsfremde Arten dagegen scheint dies weniger ausschlaggebend zu sein. Sie müssen nicht so viele unterschiedliche Lebensräume besetzen wie einheimische Arten, um dieselbe Häufigkeit zu erreichen.
Gebietsfremde Pflanzenarten stehen zunächst in Konkurrenz zu den einheimischen Arten. Für die Neuankömmlinge bietet sich daher die Besetzung von Nischen an, die von den Einheimischen nicht vollständig genutzt werden. In der Folge werden solche gebietsfremden Arten häufig, die diese Nischen nutzen können.
Die Forscher halten eine Unterscheidung zwischen einheimischen und gebietsfremden Pflanzenarten, auch wenn sie schon seit mehreren hundert Jahren in Deutschland etabliert sind, nach wie vor für richtig und wichtig. Auf der evolutionären Zeitskala sind 500 Jahre nur ein Wimpernschlag. Und da sich einheimische und gebietsfremde Arten in bestimmten Merkmalen tatsächlich unterscheiden, sollte man sie nach Meinung der Forschenden nicht alle in einen Topf werfen. Gerade auch in Hinblick auf die Früherkennung möglicher Gefahren durch eingewanderte Arten, ist das Wissen um deren Herkunft wichtig.
Quelle: Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung - UFZ
Keywords:
Gebietsfremde Arten, invasive Arten,
Art der Publikation:
Fachpublikation
Literatur:
Knapp S., Kühn I. (2012). Origin matters: Widely distributed native and non-native species benefit from different functional traits. Ecology Letters, doi: 10.1111/j.1461-0248.2012.01787.x
Kontaktadresse:
Dr. Sonja Knapp
Department Biozönoseforschung
Helmholtz-Zentrum
für Umweltforschung UFZ
Theodor-Lieser-Str. 4
D-06120 Halle
sonja.knapp@ufz.de
Tel: +49 (0)345 558 5308
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