5.4.2012: Aufgegriffen
Lebensraum Blatt
La feuille - tout un monde!
Die Gesamtheit der Blattoberflächen, die Phyllosphäre, ist als Lebensraum noch kaum erforscht, die mikrobielle Biodiversität zu weiten Teilen unbekannt. Verborgen vor dem blossen Auge wimmelt es auf Blüten und Blättern von unzähligen Mikroorganismen. Dabei hängt die Gesundheit einer Pflanze ganz entscheidend von dem Zusammenspiel mit den Kleinstlebewesen in diesem komplexen Mikrokosmos ab.
La surface des feuilles, appelée phyllosphère, est un habitat encore très peu étudié et sa biodiversité microbienne est en grande partie inconnue. D’innombrables microorganismes foisonnent sur les fleurs et les feuilles à l’abri des regards. La santé d’une plante est étroitement liée à la cohabitation entre ces petits organismes dans un microcosme complexe.
Die Blätter der Pflanzen sind nicht nur effiziente Energieerzeuger, sondern insbesondere auch Lebensraum für Insekten und vor allem für Mikroorganismen wie Bakterien, Hefen, Pilze, Algen. Dieser Lebensraum auf der Blattoberfläche wird Phyllosphäre genannt (phyllos = gr. Blatt), wobei auch die durch Einstülpungen entstehenden Innenräume der Blätter hinzugezählt werden. Mikroorganismen gelangen durch Wind, Staub, Regen, Spritzwasser oder kleinere wie größere Tiere auf die Blattoberfläche.
Auf einem Gramm Blattfrischmasse lassen sich je nach Jahreszeit und Klimazone mehrere Millionen Bakterien und Hefen nachweisen. So leben auf und in den Blättern eines begrünten und nicht mit Pestiziden gespritzten Weinbergs von einer Hektare viele Billiarden Mikroorganismen.
Ein bedeutender Teil dieser Mikroorganismen lebt von Nährstoffen, die die Pflanze über die Blätter ausscheidet oder die sich durch Umwelteinflüsse auf den Blättern ablagern. Eine weitere Nährstoffquelle sind Stoffwechselprodukte von Insekten und anderen Tieren. Die Mikroorganismen konkurrieren mit ihrem «Wirt» um Licht und Wasser, sind aber nur selten reine Parasiten, sondern leben häufig in Symbiose mit der Pflanze.
Symbiosen zwischen Pflanzen und Pilzen über die Blätter sind eine relativ neue Entdeckung. Zahlreiche fadenförmige Pilzarten leben auf und in Blättern, ohne der Pflanze zu schaden. Einige davon halten z.B. schädliche Rostpilze von den Blättern fern, indem sie diese attackieren. Andere produzieren giftige Alkaloide, die bestimmte Insekten oder auch Wirbeltiere fern halten und so als Fraßschutz für die Pflanze funktionieren. Auch hier profitieren beide Partner und verschaffen sich einen Überlebensvorteil. Die Pilze erhalten Nährstoffe von der Pflanze, welche ihrerseits vor hungrigen Herbivoren geschützt wird.
Die Pflanze gewährt nützlichen Pilzen die Besiedelung von Hohlräumen und Zellzwischenräumen im Blatt und versorgt sie wahrscheinlich direkt mit Kohlehydraten. Die Pilze dringen dabei über die Spaltöffnungen oder auch Stomata in die sogenannten Atemhöhlen der Blätter. Die Spaltöffnungen, über welche Wasser, Sauerstoff und Kohlendioxid mit der Atmosphäre ausgetauscht werden, sind aber nicht nur Eintrittspforten für Nützlinge, sondern auch für viele Erreger wie beispielsweise den Falschen Mehltau.
Keywords:
Weinbau, Agrarökosystem, Phyllosphäre, Begrünung, Fungizide
Art der Publikation:
Bericht
Literatur:
Niggli C., Schmidt H.-P. (2011). Vielfältiges Leben in und auf den Blättern der Rebe. Ithaka Journal, Delinat-Institut, ISSN 1663-0521, 1/ 2011: S. 1821.
http://www.ithaka-journal.net/biodiversitat-in-und-auf-den-blattern-der-rebe
Download
Kontaktadresse:
Delinat-Institut für Ökologie und Kimafarming
Ancienne Eglise 9
CH-1974 Arbaz
niggli@delinat-institut.org
Tel: +41 (0)27 398 51 14
Zurück zur Liste