3.11.2011: Forschung international
Pestizide belasten Gewässer stärker als gedacht
Les pesticides polluent les eaux plus fortement que prévu
Peter von der Ohe et al.
Pestizide sind ein grösseres Problem als lange angenommen. Zu diesem Schluss kommen Forschende, die Daten zu 500 organischen Substanzen in den Einzugsgebieten von vier grossen europäischen Flüssen ausgewertet haben. Es zeigte sich, dass 38 Prozent dieser Chemikalien in Konzentrationen vorkommen, bei denen Wirkungen auf Organismen nicht auszuschliessen sind.
Les pesticides représentent un problème plus important que ce que l’on a longtemps supposé. C’est la conclusion à laquelle arrive les chercheurs qui ont analysé les données de 500 substances organiques dans les bassins versants de quatre grands fleuves européens. Il en résulte que 38 pourcent de ces produits chimiques apparaissent en des concentrations telles que des effets sur les organismes ne peut pas être exclu.
Die meisten der Substanzen, die in der Studie als Risiko für die Umwelt eingestuft wurden, waren Pestizide, deren Mehrzahl sich nicht auf der europäischen Liste prioritärer Stoffe findet, welche regelmässig überwacht werden müssen. Deshalb ist eine Überarbeitung der Chemikalienliste, die die EU-Wasserrahmenrichtlinie den nationalen Behörden zur Beobachtung vorschreibt, dringend notwendig.
Ziel der EU-Wasserrahmenrichtlinie ist es, dass die Oberflächengewässer und Grundwasserkörper bis 2015 einen guten ökologischen und chemischen Zustand erreichen. Der chemische Zustand wird anhand einer Liste bewertet, auf der 33 sogenannte prioritäre Schadstoffe aufgeführt sind. Da insgesamt über 14 Millionen Chemikalien auf dem Markt sind und davon über 100’000 im industriellen Massstab produziert werden, müssen sich die Behörden bei ihren Kontrollen auf eine überschaubare Anzahl an Schadstoffe beschränken. Europaweit arbeiten Wissenschaftler daher an Methoden, um herauszufinden, welche Stoffe das sein sollten.
Einen wichtigen Beitrag dazu leistet jetzt eine Studie, die Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) zusammen mit Kollegen in Frankreich, der Slowakei, Belgien und Spanien erstellt haben. Dazu werteten sie eine Datenbank aus, die im Rahmen des EU-Forschungsprojektes MODELKEY entstanden ist und die fünf Millionen Einträge zu physiko-chemischen Daten enthält. Der Schwerpunkt der Arbeit lag dabei auf den organischen Schadstoffen, die bei über 750’000 Wasseranalysen in den Einzugsgebieten der Flüsse Elbe (Tschechien/Deutschland), Donau (10 Europäische Anrainerstaaten), Schelde (Belgien), und des Llobregat (Spanien) registriert wurden.
Insgesamt stuften die Wissenschaftler 73 Verbindungen als potenzielle prioritäre Schadstoffe ein. Rund zwei Drittel davon sind Pestizide (Pflanzenschutzmittel). Die problematischsten Pestizide waren dabei die in Mitteleuropa erlaubten Stoffe Azoxystrobin und Terbuthylazin. Beide Pestizide stehen nicht auf der Liste der 33 prioritären Schadstoffe, die die Behörden EU-weit kontrollieren müssen. Terbuthylazin ist strukturell sehr ähnlich den beiden prioritären Stoffen Simazin und Atrazin, die längst nicht mehr zugelassen sind. Dies ist ein Beispiel wie kleine Änderungen der chemischen Struktur zu einer scheinbaren Verbesserung des chemischen Zustands führen, ohne dass die Gefährdung für aquatische Ökosysteme tatsächlich abnimmt. Die Wissenschaftler halten daher die regelmässige Überarbeitung der Liste prioritärer Stoffe für sehr wichtig. Die Mehrzahl der aktuell problematischen Stoffe ist nicht gelistet, während eine ganze Reihe der überwachten Chemikalien längst verboten und nicht mehr im Gebrauch ist.
Quelle: Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ
Keywords:
Gewässer, Schadstoffe, Pestizide
Art der Publikation:
Fachpublikation
Literatur:
Von der Ohe P.C. et al. (2011). A new risk assessment approach for the prioritization of 500 classical and emerging organic microcontaminants as potential river basin specific pollutants under the European Water Framework Directive. Sci. Total Environ. 409: 2064-2077.
http://dx.doi.org/10.1016/j.scitotenv.2011.01.054
Kontaktadresse:
Dr. Peter von der Ohe
Department of Effect-Directed Analysis
Helmholtz Centre for Environmental Research - UFZ
Permoserstr. 15
D-04318 Leipzig
peter.vonderohe@ufz.de
Tel: +49 (0)341 235 1581
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