3.11.2011: Forschung CH

Artenreichtum stabilisiert Ökosysteme

Un nombre élevé d’espèces rend les écosystèmes plus stables



Eric Allan et al.

Je mehr Pflanzenarten ein Ökosystem enthält, umso stabiler und dauerhafter funktioniert es. Das haben Wissenschaftler der Universitäten Bern, Leipzig, Halle, München und Oldenburg gezeigt. Pflanzen, die in einem Jahr völlig unnütz für das Ökosystem erschienen, waren in anderen Jahren ausschlaggebend für sein langfristiges Funktionieren.

Des scientifiques de l’Université de Berne, Leipzig, Halle, Munich et Oldenburg ont montré que plus il y a d’espèces dans un écosystème, plus celui-ci est stable et fonctionnel sur le long terme. Certaines plantes apparaissent certaines années comme totalement inutiles à l’écosystème, alors qu’elles sont d’autres années essentielles à son fonctionnement durable.


Artenreiche Ökosysteme haben eine hohe Funktionalität: Je mehr «Mitspieler» vorhanden sind, desto besser werden Prozesse wie Primärproduktion, Nährstoffmineralisation oder Bestäubung in einem Lebensraum aufrechterhalten. Dabei wird die Produktion oft von wenigen Arten getragen, die übrigen Arten scheinen überflüssig zu sein. Da liegt der Schluss nah, dass eigentlich wenige Arten ausreichen müssten, um die wichtigen Schlüsselpositionen in einem Ökosystem zu besetzen. Ist der globale Rückgang der Arten damit ein Problem, das nicht allzu ernst genommen werden muss? Keineswegs, betonen die Forschenden. Sie konnten nachweisen, dass ein wichtiger Aspekt der Diversitäts-Funktionalitätsbeziehung bisher kaum beachtet wurde.
Die Biologen nutzten Daten des Jena-Experiments. Analysen dieser Langzeitstudie mit Graslandgesellschaften unterschiedlicher Artenzahl zeigen, dass die vordergründig «überflüssigen» Spezies in Wahrheit wichtige Faktoren für die Aufrechterhaltung von Funktionalität sind.
Der vor kurzem erschienene Fachartikel der Forschergruppe richtet seinen Blick auf die Bedeutung der Diversität für die langfristige Funktionalität von Ökosystemen. Um die Produktivität der in Jena untersuchten Wiesengemeinschaften über den gesamten Untersuchungszeitraum von sieben Jahren aufrecht zu erhalten, waren mehr als doppelt so viele Pflanzenarten wie für ein einzelnes Jahr nötig. Nur mit maximal 60 Pflanzenarten wurde der Wert erreicht, der eine optimale Pflanzenproduktion garantiert.
Arten, die in einem Jahr selten sind, können im nächsten Jahr von grosser Bedeutung sein. Die Forschenden konnten zeigen, dass eine Funktion in aufeinander folgenden Jahren von verschiedenen Arten dominiert wird. Hinsichtlich der experimentellen Herangehensweise hat sich gezeigt, dass langfristige Untersuchungen wie das Jena-Experiment äusserst wertvoll sind.
Eine – über die Zeit – stabile Funktionalität von Ökosystemen ist nur durch die Fluktuation des Beitrags einzelner Arten möglich. Die aus kurzfristigen Studien geschlossene scheinbare Redundanz von Arten in artenreichen Gemeinschaften ist daher ein Trugschluss, denn nur artenreiche Gemeinschaften können diese langfristig nötigen stabilisierenden Austauschprozesse garantieren. Mehr noch müssen die Gemeinschaften aus Spezies bestehen, deren Eigenschaften einander ergänzen. Für die Stabilisierung der Produktion kommt es auf die Abfolge von Arten mit komplementären Eigenschaften an.
Das Zusammenspiel von Diversität und Funktionalität ist also weitreichender, als bisher angenommen. Die Forschenden zeigen, dass höhere Artenvielfalt eine Art Versicherung für zukünftige Funktionen darstellt. In Zeiten des globalen Wandels kommt der Artenvielfalt damit eine besonders schützenswerte Rolle zu. Auch für die nachhaltige Nutzbarkeit der Funktionen von Lebensräumen durch den Menschen ist der Schutz der Diversität ausschlaggebend.

Quelle: Universität Oldenburg


Keywords:
Funktionalität, Stabilität, Ökosystemleistungen, Jena-Experiment

Art der Publikation:
Fachpublikation

Literatur:
Allan E. et al. (2011). More diverse plant communities have higher functioning over time due to turnover in complementary dominant species, PNAS, doi:10.1073/pnas.1104015108
http://www.pnas.org/content/early/2011/09/22/1104015108.abstract?sid=1b1e50fa-7240-4a7c-a34f-bbc88f20479e

Kontaktadresse:
Dr. Eric Allan
Institut für Pflanzenwissenschaften
Universität Bern
Altenbergrain 21
CH-3013 Bern

eric.allan@ips.unibe.ch
Tel: +41 (0)31 631 49 37


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