11.8.2011: Forschung international
Sinnloser Einsatz von Insektiziden gegen Blattläuse
Utilisation insensée d’insecticides contre les pucerons
Jochen Krauss, Iris Gallenberger, Ingolf Steffan-Dewenter
Landwirte, die vorbeugend Insektizide gegen Blattläuse spritzen, erzielen damit nur kurzfristig einen Effekt. Auf längere Sicht tummeln sich auf ihren Äckern sogar mehr Läuse als auf unbehandelten Flächen.
Les agriculteurs utilisant de façon préventive des insecticides contre les pucerons ne bénéficient que d’un effet immédiat. A plus long terme, ils trouveront davantage de pucerons dans leurs champs que dans les cultures non traitées.
Beim Vergleich von konventionell bewirtschafteten Getreidefeldern, die entweder mit Insektiziden gespritzt wurden oder unbehandelt blieben, machten Wissenschaftler eine Entdeckung, die alle Landwirte aufhorchen lassen dürfte: Der vorbeugende Einsatz von Insektiziden gegen Blattläuse kostet zwar Zeit und Geld, bringt aber keine Vorteile.
Die Wissenschaftler haben fünf Felder mit Triticale (Kreuzung aus Weizen und Roggen), die mit Insektiziden gegen Blattläuse gespritzt wurden, mit zehn unbehandelten Feldern verglichen. Kurzfristig führte das Spritzen zwar zu einer Abnahme der Schädlingsdichte. Aber nach vier Wochen fanden die Forscher deutlich mehr Blattläuse als auf den ungespritzten Äckern.
Zwei mögliche Erklärungen liefern die Forscher für das Phänomen. Denkbar ist: Die Insektizide raffen auch Tiere dahin, die Blattläuse fressen, also Marienkäfer und die Larven von Flor- und Schwebfliegen. Weil die Feinde fehlen, können die Läuse sich besser wiederansiedeln und schneller vermehren als auf ungespritzten Flächen.
Möglich ist auch ein indirekter Effekt: Das Insektizid tötet nur die Läuse, woraufhin deren Feinde den Acker verlassen – schliesslich finden sie dort jetzt kein Futter mehr. Endergebnis: Auch in diesem Szenario kann sich die Blattlaus-Population nach der Wiederbesiedlung besser erholen, weil die Feinde weg sind.
Auf konventionellen Äckern, die nicht gespritzt werden, scheint also die Schädlingskontrolle durch natürliche Feinde besser zu funktionieren – dank der grösseren biologischen Vielfalt auf diesen Äckern. Nochmals deutlich grösser ist diese Vielfalt auf ökologisch bewirtschafteten Feldern.
Fünfmal so viele Pflanzenarten und 20 Mal mehr Arten von bestäubenden Insekten als auf herkömmlichen Feldern fanden die Forscher auf den 15 Öko-Äckern, die sie in ihre Untersuchung einbezogen hatten. Ausserdem ermittelten sie dort die dreifache Menge von Blattlausfeinden – und fünf Mal weniger Blattläuse als auf konventionellen Feldern.
Quelle: Julius-Maximilians-Universität Würzburg
Keywords:
Landwirtschaft, Ökosystemleistung, Insektizid, ökologische Ausgleichsfläche
Art der Publikation:
Fachpublikation
Literatur:
Krauss J., Gallenberger I., Steffan-Dewenter I. (2011). Decreased Functional Diversity and Biological Pest Control in Conventional Compared to Organic Crop Fields. PLoS ONE 6(5): e19502. doi:10.1371/journal.pone.0019502
http://www.plosone.org/article/info%3Adoi%2F10.1371%2Fjournal.pone.0019502
Kontaktadresse:
PD Dr. Jochen Krauss,
Lehrstuhl für Tierökologie und Tropenbiologie
Theodor-Boveri-Institut für Biowissenschaften
Biozentrum / am Hubland
D-97074 Würzburg
j.krauss@uni-wuerzburg.de
Tel: +49 (0) 931 318 23 82
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