22.11.2003: Forschung CH

Lothar sei Dank!




Roland Gautier

An vier verschiedenen Orten wurden im ersten Jahr nach dem Sturm Lothar auf ungeräumten Sturmflächen und im angrenzenden intakten Wald Untersuchungen zur Artenzusammensetzung der Insekten durchgeführt. Es zeigte sich, dass die Vielfalt der Arten auf den offenen Flächen deutlich höher war als im Wald.


Der Sturm Lothar warf am 26. Dezember 1999 in ganz Mitteleuropa unzählige Bäume um. In der Schweiz betrug die geworfene Holzmenge ca. 12.7 Mio. m3. Das entspricht der dreifachen jährlichen Nutzung. Neben wirtschaftlichen Schäden bescherte uns der Sturm eine grosse Menge Totholz im Wald. Totholz und dessen Bewohner sind in unseren aufgeräumten Wirtschaftswäldern selten geworden. In Deutschland sind rund 60% der Arten dieser Gilde bedroht. In dieser Arbeit interessierten die Auswirkungen dieser grossen Menge an Totholz in offenem, besonntem Habitat auf die xylobionte Insektenfauna. Neben den seltenen xylobionten Arten entwickeln sich auch forstwitschaftlich problematische Arten, wie beispielsweise einige Arten der Scolytidae (Borkenkäfer) im Totholz. Manche dieser Arten können sich bei reichem Angebot an Totholz sehr stark vermehren und auch lebende Bäume der Umgebung befallen, wenn das Brutsubstrat aufgebraucht ist. Da diese problematischen Arten hauptsächlich auf Nadelholz spezialisiert sind, interessierte die Entwicklung dieser Arten in Laubholzbeständen.
An vier Orten in den Kantonen Aargau und Zürich wurden je ein Flächenpaar bestehend aus einer Windwurf- und einer Waldfläche ausgeschieden. Zum Fang der Insekten diente die Kombifalle, eine an der WSL entwickelte Falle, welche eine Gelbschale mit einer Fensterfalle kombiniert.
Neben einer höheren Individuenzahl der xylobionten Insekten, ergab die Rarefaktion auch eine höhere Artenzahl dieser Gilde in den Windwurfflächen. Die erhöhte Individuenzahl ist vermutlich zu einem grossen Teil auf die günstigeren klimatischen Bedingungen zurückzuführen. Der Vergleich der Individuenzahl mit anderen Gruppen und die höhere Artenzahl zeigen aber, dass noch andere Faktoren eine Rolle spielen. Die Artenzusammensetzung hat sich in den Windwurfflächen ebenfalls stark verändert. Es fanden sich viele Spezialisten für offenes Habitat, die häufig auch von Blütenpflanzen abhängig sind. Im Wald hingegen waren Arten vorhanden, welche an feuchtes Klima und stärker zersetztes Totholz angepasst sind. Forstschädlinge gab es nur in geringer Anzahl. Einzig in der Windwurffläche in Brugg mit einem Nadelholzanteil von 50% ist mit einem starken Anstieg dieser Arten zu rechnen.
Um die Diversität von xylobionten Insekten zu fördern, ist deshalb zu empfehlen, dass möglichst viel Totholz in den Windwurfflächen liegen bleibt. Neben dieser Massnahme, welche vor allem lichtbedürftige Arten fördert, ist es wichtig, für andere xylobionte Arten generell die Strukturvielfalt und die Menge an Totholz zu erhöhen

Keywords:
Lothar, Sturm, Wald, Insektenfauna

Art der Publikation:
Diplomarbeit

Literatur:
Gautier, R., (2001): Die xylobionte Insektenfauna im ersten Jahr nach dem Sturm Lothar. Diplomarbeit am Zoologischen Museum, UNI Zürich

Kontaktadresse:
Beat Wermelinger, Eidg. Forschungsanstalt WSL, Zürcherstrasse 111, 8903 Birmensdorf
beat.wermelinger@wsl.ch
Tel: +41 (0) 1 739 22 58
Fax: +41 (0) 1 739 22 15

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