25.2.2011: Forschung CH

Mobile Schlingnattern

Etonnante mobilité de la coronelle



Durch die intensive Landnutzung wurde in den letzten Jahrzehnten der Lebensraum für hochspezialisierte Tierarten wie die Schlingnatter auf kleine Restflächen reduziert. Forscher der Universität Basel konnten nun zeigen, dass es im Elsass immer noch einen Austausch von Schlingnattern zwischen teilweise weit auseinanderliegenden Standorten gibt. Unbemerkt von Menschen gelingt es einzelnen Tieren durch Maisfelder, über Äcker und Strassen andere Populationen zu erreichen.

Ces dernières années, suite à une utilisation intensive du territoire, l’habitat d’espèces hautement spécialisées, comme la coronelle, a été réduit à de petites surfaces résiduelles. Des chercheurs de l’Université de Bâle ont montré que les échanges entre coronelles de stations parfois très distantes existent toujours. Discrètement, certaines coronelles arrivent à rejoindre d’autres populations de coronelles en traversant des champs de maïs et des routes.


Die früher zusammenhängenden Lebensräume von Pflanzen und Tieren werden mit der Ausdehnung von Siedlungsräumen und Industriezonen, durch den Bau von Autobahnen und Eisenbahnlinien sowie durch die Intensivierung der Landwirtschaft flächenmässig reduziert und voneinander getrennt. Dadurch geht für die meisten Arten viel natürlicher Lebensraum verloren. Zudem sind die in den Restflächen vorkommenden Tierbestände oft voneinander isoliert. So wird vermutet, dass ein Austausch von Tieren und somit eine genetische Auffrischung durch einwandernde Individuen kaum mehr möglich ist.
Alle unsere Eidechsen- und Schlangenarten sind an spezielle Standortbedingungen angepasst. Aufgrund der fortschreitenden Lebensraumzerstörung werden die meisten Reptilien auf der Roten Liste der Schweiz als gefährdet aufgeführt. Dies trifft auch für die Schlingnatter zu, die kleinste der heimischen Schlangenarten. Es war bisher nicht bekannt, ob die noch bestehenden Populationen der Schlingnatter in der zerstückelten Landschaft voneinander isoliert sind.
Forscher der Universität Basel haben nun mit Hilfe einer modernen Technik diese Frage beantworten können. Da ein längerfristiges Überwachen einzelner Schlingnattern kaum möglich ist, wurde eine indirekte Methode angewendet. Nicht die Einwanderung von Individuen aus anderen Populationen wurde erfasst, sondern die Durchmischung der Gene aus verschiedenen Populationen. Dazu wurden an 12 Orten zwischen Mulhouse und Colmar im Elsass Schlingnattern gefangen. Bei jedem Tier wurde mit einem Wattestäb-chen ein Mundabstrich vorgenommen. Anschliessend wurden die Tiere an der gleichen Stelle wieder freigelassen. Von den Wattestäbchen wurde anschliessend im Labor die DNA der Schlangen isoliert. Mit Hilfe einer molekulargenetischen Methode konne nun die genetische Zusammensetzung der Individuen dargestellt werden. Dieses Vorgehen gleicht demjenigen einer Vaterschaftsanalyse.
Ein Vergleich der verschiedenen Schlingnatter-Populationen erstaunte die Fachleute: Es scheint einen regelmässigen Austausch von Individuen zwischen benachbarten Standorten zu geben. In der untersuchten Region findet also immer noch eine Durchmischung von Genen statt. Wegen ihrer diskreten Lebensweise gelingt es einzelnen Schlingnattern unbemerkt von Menschen durch Maisfelder, über Äcker und Strassen andere Populationen zu erreichen und sich dort erfolgreich fortzupflanzen. Dieser erstaunliche Befund belegt zudem, dass bei geeigneten Vernetzungsstrukturen und genügend naturnahen Restflächen Tierwanderungen in relativ intensiv genutzten Landschaften wie im Elsass noch möglich sind. Dies kann als Motivation für die Vernetzung von naturnahen Flächen und die Schaffung von Trittsteinbiotopen in noch intensiver genutzten Landschaften in der Schweiz betrachtet werden.

Quelle: Universität Basel


Keywords:
Fragmentierung, Schlingnatter, Vernetzung, Trittsteinbiotope, molekulargenetische Methode

Art der Publikation:
Masterarbeit

Literatur:
Prof. Dr. Bruno Baur und Dr. Sylvain Ursenbacher
Institut für Natur-, Landschafts- und Umweltschutz
Universität Basel, St. Johanns-Vorstadt 10
CH-4056 Basel

bruno.baur@unibas.ch
Tel: +41 (0)61 267 08 29


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