17.2.2011: Forschung international
Bienen und Orchideen: eine Erfolgsgeschichte
Abeilles et orchidées: une histoire de succès
Richard Waterman et al.
Insgesamt 22’500 Orchideenarten gibt es heute auf der Erde. Die Mechanismen, die zu dieser ungewöhnlichen Artenvielfalt beigetragen haben, wurden von einer multinationalen Forschergruppe untersucht. Wechselwirkungen zwischen Orchideen und anderen Lebewesen erklären zum grössten Teil, warum sich Orchideen in so grosser Vielfalt entwickelten, und noch heute nebeneinander existieren.
Il existe aujourd’hui 22'500 espèces d’orchidées sur terre. Un groupe multinational de chercheurs a étudié les mécanismes ayant contribué à une biodiversité si inhabituelle. Les interactions entre les orchidées et les autres organismes vivants expliquent en grande partie pourquoi les orchidées ont développé une telle diversité tout en cohabitant les unes aux côtés des autres.
Die Untersuchungen konzentrierten sich auf 52 Orchideenarten, die in Südafrika beheimatet sind und der Gruppe der Coryciinae angehören. Alle diese Arten produzieren in ihren Blüten Ölsekrete. Bienen sammeln das Öl, um damit ihre Larven zu ernähren, und übertragen dadurch die Pollen der Orchideen. Das Ergebnis des Projekts: Unterschiedliche Mechanismen, durch die Orchideen und Bienen bei der Bestäubung miteinander in Kontakt kommen, aber auch die Artenvielfalt der Bienen, tragen ursächlich dazu bei, dass neue Orchideenarten entstehen. Unterirdische Stoffaustauschprozesse mit Pilzen haben hingegen keinen Einfluss auf die Entstehung neuer Orchideenarten. Wohl aber tragen sie dazu bei, dass Orchideenarten in grosser Vielfalt gemeinsam am selben Standort wachsen und gedeihen können.
Orchideen sind die artenreichste Pflanzenfamilie. Wie konnten weit mehr als 20’000 Orchideen-Arten aus einer einzigen «Ur-Orchidee» hervorgehen, von der Evolutionsbiologen annehmen, dass sie möglicherweise «erst» vor rund 80 Millionen Jahren existiert hat? Die Wegbereiter dieser schnellen Ausdifferenzierung sind, wie das internationale Forscherteam zeigen konnte, die Bienen. Wenn nämlich Orchideen in neue Standorte vordringen, müssen sie sich häufig an die dort lebenden anderen Bienenarten anpassen, damit der Transport der Pollen gewährleistet ist. Aus diesen Anpassungsleistungen können neue Orchideenarten entstehen. Hinzu kommt ein weiterer Aspekt: Verschiedene Orchideenarten, die in enger Nachbarschaft leben und von Bienen derselben Art bestäubt werden, platzieren ihre Pollen an unterschiedlichen Stellen derselben Biene – beispielsweise auf verschiedenen Abschnitten ihres Vorderbeins. Diese Beobachtung spricht nach Auffassung der Wissenschaftler für die Annahme, dass das Bestreben der Orchideen, den Körper der Bienen optimal für die Pollen-Übertragung zu nutzen, erheblich zur Herausbildung verwandter Orchideenarten beigetragen hat.
Wechselwirkungen mit anderen Lebewesen haben eine nicht zu unterschätzende Bedeutung für die Entstehung und Bewahrung der Artenvielfalt. Dieser grundsätzliche Aspekt ihres Forschungsprojekts ist für die Forschenden von besonderer Aktualität. Infolge des Klimawandels werden sich in zahlreichen Regionen der Erde die Voraussetzungen für das Zusammenwirken von Pflanzen, Tieren und Pilzen ändern. Schon heute ist beispielsweise zu beobachten, dass sich die Qualität der Böden vielerorts verschlechtert und Insektenarten aussterben. Wenn dadurch die Spielräume für Interaktionen zwischen verschiedenen Lebewesen sinken, ist davon die Artenvielfalt möglicherweise stärker betroffen, als man bisher vermutet hat.
Quelle: Universität Bayreuth
Keywords:
Evolution, Artentstehung, Orchideen, Bienen, Klimawandel
Art der Publikation:
Fachpublikation
Literatur:
Waterman R. et al. (2011). The Effects of Above and Below Ground Mutualisms on Orchid Speciation and Coexistence. The American Naturalist 177, E54-E68.
http://www.bayceer.uni-bayreuth.de/bayceer/de/pub/pub/pub_detail.php?id_obj=89364
Kontaktadresse:
Prof. Dr. Gerhard Gebauer
Leiter des Labors für Isotopen-Biogeochemie im BayCEER
Universität Bayreuth
D-95440 Bayreuth
gerhard.gebauer@uni-bayreuth.de
Tel: +49 (0) 921 55 2060
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