30.11.2010: Forschung international
Nächtliches Kunstlicht verändert das Fortpflanzungsverhalten von Vögeln
La lumière artificielle nocturne modifie le comportement de reproduction des oiseaux
Bart Kempenaers et al.
Mit der Ausdehnung des Siedlungsraums und der Zersiedelung der Landschaft nimmt die nächtliche Lichtverschmutzung zu. Licht am falschen Ort zur falschen Zeit hat Auswirkungen auf Organismen und Ökosysteme. Vögel etwa ändern unter nächtlicher Dauerbeleuchtung ihr Fortpflanzungsverhalten, wie dies eine Studie des Max Planck Institut für Ornithologie zeigt.
Avec l’expansion des zones construites et le mitage du paysage, la pollution lumineuse augmente. La lumière au mauvais endroit et au mauvais moment a des conséquences sur les organismes et les écosystèmes. Les oiseaux par exemple modifient leur comportement de reproduction sous l’effet d’un éclairage nocturne constant comme le montre une étude de l'Institut Max Planck pour l'ornithologie.
Licht in der Nacht hat für zahlreiche Tiere tödliche Folgen. So sterben zum Beispiel jedes Jahr Milliarden von Insekten an Strassenlaternen. Zugvögel fliegen erschöpfende Umwege, da sie von künstlichem Licht verwirrt und von ihren Routen abgelenkt werden, oder sie kollidieren mit nächtlich beleuchteten Hochhäusern. Doch auch wenn das menschengemachte Licht im Dunkeln nicht immer unmittelbar zum Tode führt, kann es für Tiere erhebliche ökologische Konsequenzen haben. Dies haben Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für Ornithologie in Seewiesen nun für Singvögel nachgewiesen.
Die Forscher untersuchten, ob das künstliche Nachtlicht messbare Auswirkungen auf das Fortpflanzungsverhalten bei Singvögeln hat. Während sieben Jahren bestimmten sie in einer Blaumeisenkolonie, zu welchem Zeitpunkt die Weibchen mit der Eiablage begannen. Unter Lichteinfluss fand sich das erste Ei im Durchschnitt eineinhalb Tage früher im Nest als bei wald- und waldrandlebenden Weibchen ohne Beleuchtung. Normalerweise legen Weibchen, die früh mit der Eiablage beginnen, insgesamt mehr Eier. Sie sind oft in körperlich besserem Zustand als diejenigen, die später legen. Weibchen, die unter Lichteinfluss früher legen, haben aber im Schnitt nicht mehr Eier. Die frühere Eiablage könnte für den Nachwuchs kritisch werden, wenn die Phase des höchsten Futterbedarfs nicht mehr mit dem Zeitpunkt der maximalen Futterverfügbarkeit zusammenfällt.
Bei Blaumeisenmännchen wirkte sich nächtliches Kunstlicht unmittelbar auf den Fortpflanzungserfolg aus: So hatten männliche Vögel, die an einem beleuchteten Waldrand lebten, doppelt so viele ausserpaarliche Jungen im Vergleich zu Männchen, deren Reviere nachts im Dunkeln lagen. Dieser Effekt war besonders stark ausgeprägt bei jungen Blaumeisenmännchen, die in der ersten Brutsaison normalerweise eher wenig Erfolg beim Fremdgehen haben. Sie hatten unter dem Einfluss von Licht fast ebenso viel Nachwuchs mit fremden Weibchen wie ältere Männchen aus dunklen Lebensräumen. Es ist wahrscheinlich, dass für die Weibchen der frühe Gesang ein Signal für die Qualität eines Männchens bedeutet. Die Lichtverschmutzung führt also bei den Weibchen zu Fehlentscheidungen in der Partnerwahl. Ob vorgezogene Eiablage und veränderte ausserpaarliche Kopulationen tatsächlich Folgen für die Überlebenswahrscheinlichkeit und die genetische Qualität der Nachkommenschaft haben, wollen die Forscher in Zukunft herausfinden.
Keywords:
Lichtverschmutzung, Verstädterung, Zersiedelung, Vögel
Art der Publikation:
Fachpublikation
Literatur:
Kempenaers B. et al. (2010). Artificial night lighting affects dawn song, extra-pair siring success and lay date in songbirds. Current Biology. Veröffentlicht online am 16.09.2010
Kontaktadresse:
Prof. Dr. Bart Kempenaers
Max-Planck-Institut für Ornithologie
Eberhard-Gwinner-Straße 5
D-82319 Seewiesen
b.kempenaers@orn.mpg.de
Tel: +49 (0)8157 932 232
Zurück zur Liste