30.11.2010: Aufgegriffen
EU-Projekt schützt selten gewordene Wildpflanzen für die Ernährung von morgen
Un projet européen protège les plantes sauvages rares pour l’alimentation de demain
Im Rahmen des EU-Projekts AEGRO wurde eine neue und für Naturschutz und Landwirtschaft synergistische Strategie zur in situ-Erhaltung ökonomisch wichtiger Wildpflanzenarten entwickelt.
Dans le cadre du projet européen AEGRO, une nouvelle stratégie convaincante et en synergie avec la conservation de la nature et l’agriculture a été mise au point en matière de conservation in situ de plantes sauvages d’importance économique.
Würde morgen die «Schwarze Nana» der Künstlerin Niki de Saint Phalle verschwinden, wäre dies für viele Medien eine Schlagzeile wert. Ginge jedoch die Beta nana verloren, eine für die Pflanzenzüchtung interessante, sehr seltene Zuckerrüben-Wildart Griechenlands, wäre dies nicht einmal ein Lückenfüller. Europäische Agrarwissenschaftler und Artenschützer engagieren sich im EU-Projekt AEGRO unter der Leitung des Julius Kühn-Instituts (JKI) dafür, gefährdete, meist unscheinbare Wildpflanzenarten zu erhalten, die mit unseren Kulturpflanzen wie Weizen, Gerste oder Rüben verwandt sind. Dies soll in ihrer natürlichen Umgebung (in situ) geschehen.
Als Ergebnis des Verbundprojektes entstand erstmals ein Informationssystem, mit dem sich Vorkommen von Wildarten in bereits bestehenden Natura 2000 Schutzgebieten lokalisieren lassen. Ziel ist, die bestehenden Instrumente des Artenschutzes langfristig auch für diese unscheinbaren Pflanzen einzusetzen. Damit sollen die für die gegenwärtige und zukünftige Ernährung unschätzbar wertvollen Ressourcen gezielt und nachhaltig gesichert werden.
Das AEGRO-Projekt führt unter anderem dazu, dass für die Wildart Beta patula auf einer Schäre im Südosten der Insel Madeira ein so genanntes «genetisches Schutzareal» entstehen wird. In Wildarten finden sich oft Gene, die für die Züchtung vor allem widerstandsfähiger Sorten von enormer Bedeutung sind. Viele dieser Gene sind in den heutigen Sorten nicht vorhanden. So schädigt ein Vergilbungsvirus die Kulturrüben wesentlich stärker als die Wildart, B. patula, was auf eine Resistenz hindeutet. B. patula kann helfen, die Zuckerrübe auf dem Wege der Züchtung zu verbessern.
Artenvielfalt zu erhalten ist ein Wunsch vieler Bürger, die sich zunehmend für die Erhaltung selten gewordener Tierrassen oder Obstformen engagieren. Das «Bunte Bentheimer» Schwein, den «Freiherr von Berlepsch» oder die Kartoffelsorte «Linda» kennt man – aber die Wildgerste, Hordeum bulbosum? Das Verschwinden letztgenannter Art würden nur wenige Experten bemerken. Diese mit der Kulturform kreuzbare Wildgerste ist für Züchter sehr wichtig. Sie trägt ein kürzlich gefundenes Gen, das der Kulturgerste eine vollständige Resistenz gegen das Gelbverzwergungsvirus verleiht.
Im Mittelmeerraum ist die Vielfalt an Pflanzen besonders hoch. 85 für unsere Ernährung wichtige Kulturpflanzenarten entstanden hier aus ihren Vorfahren wie Wildgersten oder Wildrüben. Die Wissenschaft beschreibt sie als wildlebende Verwandte unserer Kulturarten (Crop Wild Relatives). Sie werden bisher weder durch den Naturschutz effektiv geschützt noch sind sie in Genbanken in nennenswertem Umfang repräsentiert.
Quelle: www.innovations-report.de
Keywords:
Genetische Ressourcen, Wildart, Landwirtschaft, Pflanzenzüchtung, EU
http://aegro.bafz.de/
Kontaktadresse:
Dr. Lothar Frese
Institut für Züchtungsforschung an landwirtschaftlichen Kulturen
Julius Kühn-Institut Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen (JKI)
Erwin-Baur-Straße 27
D-06484 Quedlinburg
lothar.frese@jki.bund.de
Tel: +49 (0)3946 47 701
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