14.11.2003: Forschung CH

Artenschutz: Aus dem Leben einer seltenen Fledermausart




Thomas Sattler

Die neu beschriebene Fledermausart Pipistrellus pygmaeus ist in der Schweiz sehr selten. Einem Wissenschafter ist es nun gelungen, mehr über Häufigkeit, Verbreitung und Lebensraumansprüche dieser Art in Erfahrung zu bringen.


In den letzten Jahren wurde die neu beschriebene Fledermausart Pipistrellus pygmaeus in vielen europäischen Ländern beobachtet, auch in der Schweiz. P. pygmaeus ist eine Zwillingsart zur weit verbreiteten P. pipistrellus. In der Schweiz blieben Beobachtungen sehr selten, ganz im Gegensatz zu Grossbritannien. Ziel dieser Arbeit war es, mehr über Häufigkeit, Verbreitung und Lebensraumansprüche dieser beiden Arten in der Schweiz zu erfahren. Auf 20 Strassentransekten verteilt über die Schweiz wurden Ultraschallrufe von Fledermäusen aufgenommen. Diese wurden als Sonogramme dargestellt und mittels Diskriminanzanalyse den beiden Arten zugeordnet. Zusätzliche Meldungen zu Beobachtungen von P. pygmaeus stammten von regionalen Fledermausfachleuten. Zur Analyse der Habitatnutzung der beiden Arten wurde die räumlich auflösende «Ecological Niche Factor Analysis» verwendet. Das Verhältnis der Rufsequenzen P. pygmaeus zu P. pipistrellus betrug auf den Transekten 1:33. P. pygmaeus ist also viel seltener. P. pipistrellus wurde auf allen Transekten registriert, was deren weite Verbreitung hervorhebt. Im Gegensatz dazu wurde P. pygmaeus nur auf 6 der 20 Transekte beobachtet. Diese sind zudem auf vier Regionen beschränkt: Rheintal (GR), Kanton GE, Berner Oberland und Kanton TI. Dank den zusätzlichen Beobachtungen konnten Fortpflanzungsnachweise in den drei Regionen Luzern, Locarno und Bodenseegebiet erbracht werden. Untersuchungen der Lebensraumansprüche zeigen, dass P. pygmaeus auf eine kleine Auswahl von Habitaten beschränkt ist. Ihr Auftreten hängt sehr vom Vorkommen breiter Flüsse in der Nähe von strukturierten Landschaften und von menschlichem Siedlungsraum in tiefen Lagen ab. Sie reagiert sehr sensibel auf Abweichungen ihres optimalen Habitattyps. P. pipistrellus zeigt zwar ähnliche Vorlieben für Optimalhabitate, ist aber im Gegensatz zu ihrer Zwillingsart sehr tolerant gegenüber Abweichungen. Gemäss den Karten zur potentiellen Verbreitung ist zu erwarten, dass P. pygmaeus in zusätzlichen Gebieten innerhalb der Schweiz vorkommt, insbesondere in Flusstälern, da sie dort von P. pipistrellus bisher nicht unterschieden wurde. Laut vorliegenden Informationen sind ihre Jagdgebiete zur Zeit nicht bedroht, jedoch muss die Art aufgrund ihrer Seltenheit als potenziell gefährdet eingestuft werden. Wir empfehlen, ihr Vorkommen in Gebieten mit hoher Auftretenswahrscheinlichkeit zu bestätigen, bzw. bekannte Kolonien zu überwachen.

Keywords:
Strassentransekte, Ultraschallrufe, GIS, Ökologische Nischenfaktor-Analyse, Potentialverbreitungskarten

Art der Publikation:
Diplomarbeit

Literatur:
Sattler T. (2003): Ecological factors affecting the distribution of the sibling species Pipistrellus pygmaeus and Pipistrellus pipistrellus in Switzerland. Zoological Institute. University of Berne.


Kontaktadresse:
Thomas Sattler, Höhenweg 8, CH-4500 Solothurn
thomassattler@gmx.net
Tel: +41 (0) 32 623 25 02


Zurück zur Liste