11.11.2010: Forschung international

Ökonomische Studie zum naturnahen Hochwasserschutz

Etude économique d’une protection contre les crues respectueuse de l’environnement



Grossmann M., Hartje V., Meyerhoff J.

Die jüngsten Hochwasser an Neisse und Spree zeigen, dass Hochwasserschutzmassnahmen weiter ein Thema bleiben werden. Wie sich diese teuren Massnahmen so gestalten lassen, dass Mensch und Natur optimal profitieren, zeigt eine gerade veröffentlichte Studie. Wissenschaftler konnten nachweisen, dass der ökonomische Nutzen naturverträglicher Hochwasserschutzmassnahmen dreimal höher ist als die Kosten. Naturverträgliche Hochwasserschutzmassnahmen in Form von Deichrückverlegungen und Auenrenaturierungen rechnen sich damit auch volkswirtschaftlich.

Les crues récentes de la Neisse et de la Spree témoignent de l'actualité des mesures de protection contre les crues. Une étude parue récemment montre comment ces mesures coûteuses peuvent être mises en place pour que l’homme et la nature en profitent de façon optimale. Les scientifiques ont pu montrer que les avantages économiques de mesures contre les crues respectueuses de l’environnement sont trois fois plus élevés que leurs coûts. Les mesures contre les crues respectueuses de l’environnement, comme le recul des digues ou la renaturation des forêts alluviales, comptent aussi pour l'économie du pays.


Dies ist das Hauptergebnis einer Studie, die das deutsche Bundesamt für Naturschutz BfN in Auftrag gegeben hat. Bei traditionellen Kosten-Nutzen-Analysen schneiden Hochwasserschutzmassnahmen, die auch der Erhaltung und Förderung der Biodiversität zugute kommen, vergleichsweise schlecht ab, denn die Analysen betrachten nur die Hochwasser senkende Wirkung. Mit der vorliegenden Studie wurde eine Methodik erarbeitet, die auch die Wirkung der Auen als Lebensraum für Pflanzen und Tiere, als Erholungsraum für die Menschen und als Filter für Schadstoffe und damit zusätzlich den ökonomischen Nutzen von verschiedenen Ökosystemfunktionen quantitativ erfasst. Ein Nutzen-Kosten-Verhältnis von 3:1 bedeutet, dass der monetäre Wert des ökologischen und ökonomischen Nutzens der Massnahmen dreimal so hoch ist wie ihre Kosten.
In Anbetracht des zunehmenden Risikos von Schäden durch Überschwemmungen und des hohen Verlustes aktiver Auen in den vergangenen Jahrzehnten, stellt sich immer wieder die Frage, welche Hochwasserschutzmassnahmen sinnvoll sind. Das Spektrum reicht von technisch geprägten Massnahmen wie Deichbau und -sanierung bis hin zu Naturschutz fördernden Projekten wie Deichrückverlegungen, der Wiedergewinnung natürlicher Überschwemmungsflächen und einer Revitalisierung von Auen. Die Studie macht dabei deutlich, dass multifunktional ansetzende Massnahmen, die neben dem Hochwasserschutz anderen Ökosystemfunktionen mit zugute kommen, auch volkswirtschaftlich gesehen einen höheren Nutzen bringen.
Der ermittelte Nutzen setzt sich unter anderem aus den vermiedenen Hochwasserschäden von im Durchschnitt 6 Millionen Euro pro Jahr und den eingesparten Kosten durch eine Verkürzung der zu unterhaltenden Deichlinie von 5 Millionen Euro pro Jahr zusammen. Hinzu kommen die Einsparungen für ansonsten an anderer Stelle erforderliche Massnahmen zur Minderung der Nährstofffracht der Elbe (z. B. durch Nutzungseinschränkungen in der Landwirtschaft oder Steigerung der Reinigungsleistung von Kläranlagen), die zur Erreichung der festgelegten Ziele der Wasserrahmenrichtlinie erforderlich sind, in Höhe von 16 Millionen Euro pro Jahr. Ferner berücksichtigten die Forscher die Wertschätzung der Bevölkerung für den Erhalt von natürlichen Auenlandschaften, die mittels der Zahlungsbereitschaft erfasst wurde, mit einem jährlichen Wert von 30 Millionen Euro.
Das Bundesamt für Naturschutz liefert mit der Studie ein Instrument, mit dem in Zukunft bei wasserbaulichen Entscheidungen auch die Ökosystemdienstleistungen quantifiziert berücksichtigt werden können. Erweiterte Kosten-Nutzen-Analysen können bei Planungen, beispielsweise im Rahmen von Umweltverträglichkeitsprüfungen als Entscheidungshilfe für nachhaltige Lösungen dienen und für neue Transparenz sorgen.


Keywords:
Hochwasserschutz, Ökosystemleistungen, Ökonomie

Art der Publikation:
Fachpublikation

Literatur:
Grossmann M., Hartje V., Meyerhoff J. (2010). Ökonomische Bewertung naturverträglicher Hochwasservorsorge an der Elbe. Naturschutz und Biologische Vielfalt, Heft 89. 130 S.

Kontaktadresse:
Malte Grossmann
Institut für Landschaftsarchitektur und Umweltplanung
TU Berlin
Straße des 17. Juni 145
D-10623 Berlin

malte.grossmann@tu-berlin.de
Tel: +49 (0)314 73492


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