14.7.2010: Forschung CH
Höhenveränderungen bei Moosen im letzten Jahrhundert: Ein Effekt der Klimaerwärmung?
Changements d’altitudes chez les mousses au cours du dernier siècle: un effet du réchauffement climatique?
Ariel Bergamini, Stefan Ungricht, Heike Hofmann
Die Analyse historischer Herbardaten zeigt, dass sich die mittlere Höhe des Vorkommens kälteliebender Moose sowie deren obere Verbreitungsgrenze in den letzten 100 Jahren signifikant nach oben verschoben haben. In tieferen Lagen hingegen findet wahrscheinlich ein langsamer Aussterbeprozess von Populationen kälteliebender Moose statt. Die nachgewiesenen Veränderungen lassen sich mit der Erwärmung des Klimas im letzten Jahrhundert erklären und sind vergleichbar mit beobachteten Veränderungen bei Blütenpflanzen. Die Analyse verdeutlicht einmal mehr den Wert von Herbardaten.
Les analyses de données d’herbiers historiques montrent que l’altitude moyenne d’apparition des mousses affectionnant le froid et leur limite supérieure de distribution se sont significativement déplacés vers le haut au cours du dernier siècle. Par contre, dans les stations plus basses, on assiste probablement a un lent processus d’extinction des populations de mousses aimant le frais. Les changements constatés peuvent être corrélés avec le réchauffement du climat au cours du dernier siècle et sont comparables aux changements observés chez les plantes à fleurs. Les analyses mettent en évidence une fois de plus l’importance des données d’herbiers.
Für verschiedene Organismen-Gruppen konnten im Zusammenhang mit der rezenten Klimaerwärmung Verschiebungen des Verbreitungsgebiets in Richtung der Pole und in grössere Höhenlagen gezeigt werden. Für Moose fehlten bisher solche Nachweise, da die entsprechenden Vergleichsdaten nicht verfügbar waren. In der Schweiz wurde nun ein aussergewöhnlich umfangreicher Datensatz mit mehreren tausend historischen Verbreitungsdaten von Moosen erschlossen, der es erlaubte, die Entwicklung der Höhenverbreitungen zu rekonstruieren.
In der vorliegenden Studie wurde die Höhenverbreitung eines Sets von 61 ausgewählten Arten zwischen zwei Zeitperioden (1880-1920 vs. 1980-2005) verglichen. Die Grundlage für diesen Vergleich bildeten über 8500 Herbarbelege der ausgewählten Arten. Die 61 Arten wurden aufgrund ihrer Zeigerwerte in kälteliebend, intermediär und wärmeliebend eingeteilt.
Kälteliebende Arten zeigten einen Anstieg der mittleren Höhe von 222 m und einen Anstieg der oberen Verbreitungsgrenze von 189 m. Die untere Verbreitungsgrenze blieb hingegen unverändert. Wärmeliebende und intermediäre Arten zeigten keine Veränderungen. Das Verhältnis der Anzahl Belege von wärmeliebenden zu kälteliebenden Arten war in der zweiten Periode (1980-2005) unterhalb ca. 1200 m markant höher als in der ersten Periode (1880-1920). Dies wurde als langsamer Aussterbeprozess von Populationen kälteliebender Arten in tieferen Lagen interpretiert.
Insgesamt lassen sich diese Effekte auf kälteliebende Arten mit der Erwärmung des Klimas im letzten Jahrhundert erklären. Die geschätzte mittlere Änderung der Höhenverbreitung pro Dekade (+ 24 m) ist in guter Übereinstimmung mit den geschätzten Höhenveränderungen von Blütenpflanzen und mit den erwarteten Veränderungen aufgrund der Klimaerwärmung. Dass keinerlei Effekte auf wärmeliebende Arten nachgewiesen werden konnten, dürfte in erster Linie mit dem Fehlen wirklich wärmebedürftiger Arten im Datensatz in Zusammenhang stehen.
Als weitere wichtige Erkenntnis zeigt diese Studie, dass Herbardaten eine wertvolle Quelle für ökologische Informationen aus der Vergangenheit sind und die Möglichkeit bieten, Veränderungen über längere Zeitspannen zu studieren.
Keywords:
Herbarien, historische Funde, Moose, Höhenveränderung, Verbreitungsgrenze
Art der Publikation:
Fachpublikation
Literatur:
Bergamini A., Ungricht S., Hofmann H. (2009). An elevational shift of cryophilous bryophytes in the last centuryAn effect of climate warming? Diversity and Distributions 15: 871-879.
http://www3.interscience.wiley.com/journal/122525383/abstract
Kontaktadresse:
Ariel Bergamini
Eidg. Forschungsanstalt WSL
Zürcherstrasse 111
8903 Birmensdorf
ariel.bergamini@wsl.ch
Tel: +41 (0)44 739 23 32
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