21.6.2010: Forschung international

Erderwärmung gefährdet Pflanzenvielfalt

Le réchauffement climatique met an danger la diversité des plantes



Jan Henning Sommer

Durch den Klimawandel verändern sich in den kommenden Jahrzehnten weltweit die Lebensbedingungen von Pflanzen. Regional sind dabei jedoch grosse Unterschiede zu erwarten. So könnten heute kühle und feuchte Gebiete in Zukunft zusätzlichen Arten Lebensraum bieten, in trockenen und warmen Regionen verschlechtern sich die klimatischen Voraussetzungen für eine hohe Artenvielfalt.

Les conditions de vie des plantes se modifierons dans les décades à venir au niveau mondial sous l’influence du changement climatique. On peut s’attendre à de grandes différences régionales. Ainsi, des régions aujourd’hui fraîches et humides pourraient à l’avenir accueillir des espèces supplémentaires. Cependant, les conditions climatiques favorables à une diversité en espèces élevée se détériorent dans les régions sèches et chaudes.


Der Klimawandel könnte die bestehende Verteilung der Artenvielfalt gehörig durcheinander wirbeln, mit bisher kaum absehbaren Folgen für die Ökosysteme und den Menschen. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie von Wissenschaftlern der Universitäten Bonn, Göttingen und Yale. Zum ersten Mal wurden die möglichen Auswirkungen des Klimawandels auf die pflanzliche Artenvielfalt auf globalem Massstab quantifiziert und räumlich differenziert bemessen. Die Forscher haben untersucht, wie viele Pflanzenarten unter den heutigen Klimabedingungen in unterschiedlichen Regionen der Erde vorkommen. Den gefundenen Zusammenhang haben sie auf 18 verschiedene Klimawandelszenarien für das Jahr 2100 übertragen.

Vorhersagen darüber, wie stark sich die Artenvielfalt einer Region zukünftig tatsächlich den neuen Bedingungen anpassen wird, ob also zusätzliche Arten in begünstigte Gebiete einwandern werden, oder ob benachteiligte Gebiete wirklich in hohem Masse Arten verlieren werden, lässt die Studie allerdings nicht zu. Die Anpassungsfähigkeit von Arten und deren Zusammenwirken im Ökosystem können ebenso wie die menschliche Landnutzung die Umverteilung der Arten stark beeinflussen. Allerdings lieferten die vorgestellten Ergebnisse ein wichtiges Indiz, in welchen Gebieten eine Zuwanderung oder ein Verlust von Arten zu erwarten ist.

Am negativsten könnte sich die Erwärmung auf die Artenzahlen der Pflanzen in den tropischen Amazonas-Regenwäldern Südamerikas auswirken. Für Deutschland erwarten die Wissenschaftler hingegen in Zukunft Klimabedingungen, die mehr Arten Lebensraum bieten. Dies kann aber nur schwerlich als Gewinn gewertet werden. Wenn es zu einer verstärkten Umverteilung von Pflanzenarten kommt, wird sich die Zusammensetzung der Arten in den verschiedenen Regionen der Welt immer mehr vereinheitlichen. Einzigartige, an besondere Standortbedingungen angepasste Arten würden dadurch mehr und mehr verdrängt werden. Somit fände auch im Pflanzenreich eine Globalisierung statt.

Besonders weisen die Forscher in ihrer Studie auf die klare Zweiteilung unseres Planeten hinsichtlich der Auswirkungen des Klimawandels auf die Pflanzenvielfalt hin. Zusätzlicher Lebensraum für Pflanzen könnte überall dort entstehen, wo heute kühle und feuchte Klimabedingungen vorherrschen. Auf der anderen Seite werden in den bereits heute warmen Gebieten der Subtropen und Tropen zukünftig die Voraussetzungen für Artenvielfalt ungünstiger sein.

Die Zweiteilung hat auch eine politische Dimension: Begünstigte Gebiete decken sich weitgehend mit den Industrienationen. Durch ihren Ausstoss an Klimagasen sind diese Länder zwar Hauptverursacher des Klimawandels, leiden aber deutlich weniger unter seinen Folgen.

Keywords:
Klimawandel, Artenvielfalt, Amazonas, Regenwälder

Art der Publikation:
Fachpublikation

Literatur:
Sommer J. H., Kreft H., Kier G, Jetz W., Mutke J., Barthlott W. (2010). Projected impacts of climate change on regional capacities for global plant species richness.
Proceedings of the Royal Society B. doi: 10.1098/rspb.2010.0120
http://rspb.royalsocietypublishing.org/content/early/2010/03/20/rspb.2010.0120.full



Kontaktadresse:
Dr. Jan Henning Sommer
Nees-Institut für Biodiversität der Pflanzen
Universität Bonn
Meckenheimer Allee 170
D-53115 Bonn
hsommer@uni-bonn.de
Tel: +49 (0)228 73 2125


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