12.4.2010: Forschung CH
Neophyten werden vor allem durch den Klimawandel begünstigt
Les néophytes bénéficient du changement climatique
Michael P. Nobis, Jochen A.G. Jaeger, Niklaus E. Zimmermann
In der Schweiz wird die Anzahl Neophyten bis 2050 durch den Klimawandel voraussichtlich stärker zunehmen als durch die anhaltende Zersiedlung der Landschaft und durch eine weitere Ausdehnung der Agglomerationen. Menschliche Aktivitäten tragen stark zur Ausbreitung von Neophyten bei. Der erwartete Anstieg der Neophytenvielfalt ist allerdings in urbanen Landschaften grösser als in ländlichen Gebieten. Zu diesem Schluss kommt eine Studie, welche die aktuelle Verbreitung von 122 Neophyten (Biodiversitäts-Monitoring Schweiz BDM) in Kombination mit Klima- (IPCC) und Siedlungsszenarien (NFP 54) analysierte.
En Suisse, le nombre de néophytes va augmenter jusqu’en 2050 plus fortement sous l’influence du changement climatique que du mitage continu du paysage et de l’expansion des agglomérations. Les activités humaines contribuent fortement à l'expansion des néophytes. L’augmentation prévue de la variété des néophytes est plus importante dans les paysages urbains que dans les zones campagnardes. C’est ce que conclut une étude analysant la distribution actuelle de 122 néophytes (Monitoring de la Biodiversité en Suisse BDM) combinée aux scénarios climatiques (IPCC) et d’occupation du territoire (NFP 54).
Die Wissenschaftler haben die derzeitige Verbreitung und zukünftige Entwicklung der Neophytenvielfalt in der Schweiz auf Landschaftsebene untersucht. Basierend auf aktuellen Vorkommen von 122 neophytischen Gefässpflanzenarten im Biodiversitäts-Monitoring Schweiz (BDM, 456 Probeflächen mit 1-km2-Bezug) wurde die Artenvielfalt zunächst mit Landnutzungs-, Klima- und weiteren Umweltfaktoren statistisch modelliert. Dabei zeigte sich, dass die Artenvielfalt von Neophyten – im Gegensatz zur Verbreitung vieler Einzelarten wie auch der allgemeinen Gefässpflanzenvielfalt – bereits durch die Jahresdurchschnittstemperatur und den Siedlungsanteil der Probeflächen sehr gut vorhergesagt werden kann. Neophyten treten in der Schweiz demnach vor allem in urbanen Landschaften warmer Tieflagen auf.
Das Modell wurde daraufhin für Projektionen der zukünftigen Entwicklung der Neophytenvielfalt für die Jahre 2020 und 2050 genutzt. Für diese Projektionen wurden Szenarien des Nationalen Forschungsprogramms 54 zur künftigen Siedlungsentwicklung mit IPCC-Klimaszenarien kombiniert. Die Klimaerwärmung hatte dabei stets einen deutlich grösseren Einfluss auf die Zunahme der Neophytenvielfalt (bis zu 191% Zunahme der mittleren Artenvielfalt bis 2050) als die anhaltende Zersiedelung der Landschaft und die weitere Ausdehnung der Agglomerationen (bis zu 10% Zunahme). Dieser klare Unterschied trat auch auf, wenn für die Projektionen lediglich BDM-Flächen berücksichtigt wurden, deren prognostizierte Kombination aus Klima und Siedlungsfläche im Jahr 2050 bereits heute in der Schweiz anzutreffen sind.
Auch wenn der Einfluss der Siedlungszunahme im Vergleich zur Klimaerwärmung gering ausfiel, so war der Anstieg der Neophytenvielfalt im Siedlungsraum höher als in ländlichen Gebieten. Anhand der Projektionen ist davon auszugehen, dass nicht die zukünftige Siedlungsentwicklung, sondern die bereits heute vorhandene Siedlungsfläche einen starken Einfluss auf die bei der Klimaerwärmung zu erwartende Zunahme der Neophytenvielfalt hat.
Keywords:
Artenvielfalt, Klimawandel, Neophyten, Landschaftszersiedelung
Art der Publikation:
Fachpublikation
Literatur:
Nobis M.P., Jaeger J.A.G., Zimmermann N.E. (2009). Neophyte species richness at the landscape scale under urban sprawl and climate warming. Diversity and Distributions 15, 928-939.
http://dx.doi.org/10.1111/j.1472-4642.2009.00610.x
Kontaktadresse:
Michael Nobis
Eidg. Forschungsanstalt WSL
Zürcherstrasse 111
CH-8142 Birmensdorf
michael.nobis@wsl.ch
Tel: +41 (0)44 739 25 35
Zurück zur Liste