22.3.2010: Forschung international

Neue Pflanzenfamilie entdeckt

Découverte d’une nouvelle famille de plantes



Selbst bei scheinbar gut bekannten Organismen wie den Blütenpflanzen gibt es noch immer Überraschungen: Eine kleine Gattung mit Kräutern aus den Tropen Amerikas wurde jetzt als isolierte Linie innerhalb der Ordnung der Nelkenartigen entdeckt. Damit wird ein 222jähriges Rätsel um die nähere Verwandtschaft dieser Pflanzen gelöst.

Il existe des surprises même chez des organismes apparemment bien connus comme les plantes à fleurs. Un petit genre comprenant des plantes des tropiques d’Amérique s’est avéré appartenir à une ligne isolée au sein de l’ordre des Caryophyllales. Une énigme vieille de 222 ans sur la plus proche parenté de ces plantes a ainsi été résolue.


DNA-Analysen haben bewiesen, dass es sich um eine bisher völlig falsch gruppierte Gattung handelte. Dabei sind diese Pflanzen bereits seit langem bekannt und wurden schon durch mehrere Generationen von Botanikern erforscht. 1788 wurde die Gattung Microtea vom schwedischen Botaniker Olof Swartz beschrieben. Ihre nähere Verwandtschaft blieb jedoch bis heute ein grosses Rätsel. Da ihre Arten einerseits Ähnlichkeiten mit Gänsefussgewächsen (Chenopodiaceae) und Kermesbeerengewächsen (Phytolaccaceae) aufweisen, wurde Microtea traditionell innerhalb einer der beiden Familien klassifiziert. Erst jetzt gelang es durch Analyse der Erbsubstanz einen gesicherten Platz im Stammbaum der Ordnung der Nelkenartigen (Caryophyllales) zu finden. Eine enge Verwandtschaft sowohl mit den Gänsefuss- als auch mit den Kermesbeerengewächsen wurde damit klar ausgeschlossen. Vielmehr handelt es sich bei Microtea um eine eigenständige Evolutionslinie. Aufgrund der besonderen Stellung im Stammbaum Blütenpflanzen und der morphologischen Verschiedenheit werden die Arten der Gattung Microtea ab jetzt in einer eigenen Familie, Microteaceae, zusammengefasst.
Die Familie Microteaceae umfasst ca. 12 Arten. Es sind alles einjährige, krautige Pflanzen. Sie sind von Mittelamerika und den Antillen bis nach Südamerika verbreitet. Die Microteaceae sind damit eine der wenigen Pflanzenfamilien, die ausschliesslich in den amerikanischen Tropen vorkommen. Die Art Microtea debilis wird unter anderem aufgrund des Inhaltsstoffes Cirsimarin pharmakologisch genutzt.
Unser Bild der Evolution von Organismen wird fortwährend revolutioniert und es gibt immer noch viel, von dem wir nichts wissen, so die Autoren. Die jetzigen Forschungsergebnisse gehören zu einem umfassenderen Projekt, bei dem die Verwandtschaftsverhältnisse der Blütenpflanzen aufgeklärt werden. Dazu werden ganz bestimmte Abschnitte aus den Genomen einer Vielzahl verschiedener Pflanzen sequenziert und mit Hilfe von Computerprogrammen vergleichend analysiert. Die Datensätze aus DNA-Sequenzen der Forscher umfassen mittlerweile hunderte von Arten aus allen Pflanzenfamilien.
Spannend ist, dass sich durch die heute in grossem Stil mögliche Analyse der Erbsubstanz dabei selbst bei scheinbar gut bekannten Organismen wie der Blütenpflanzen noch immer viele Überraschungen ergeben. Im gleichen Projekt wurde erst 2005 die neue Familie der Linderniaceae entdeckt, die auch in der einheimischen Flora vorkommt. Die Untersuchungen können an Pflanzen durchgeführt werden, die in der Sammlung des Botanischen Gartens sowie im Herbar vorhanden sind. Diese Sammlungen sind damit von unschätzbarem wissenschaftlichem Wert.


Keywords:
Systematik, DNA-Analysen, Sammlungen

Art der Publikation:
Fachpublikation

Literatur:
Schäferhoff B., Müller K.F., Borsch T. (2009). Caryophyllales phylogenetics: disentangling Phytolaccaceae and Molluginaceae and description of Microteaceae as a new isolated family. Willdenowia 39, 209-228.

Kontaktadresse:
Prof. Dr. Thomas Borsch
Botanischer Garten und Botanisches Museum Berlin-Dahlem
Freie Universität Berlin
Königin-Luise-Straße 6-8
D-14195 Berlin

direktor@bgbm.org
Tel: +49 (0)30 838 50 133


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