22.2.2010: Forschung international
Bioinvasion über die fünf Weltmeere
Invasion biologique dans les cinq océans du monde
Pablos Kaluza et al.
Die Pazifische Auster im norddeutschen Wattenmeer, die Zebramuschel aus dem kaspischen Meer in den Grossen Seen Amerikas, die chinesische Wollhandkrabbe im Rhein: Sie sind Beispiele für so genannte invasive Arten, die in Ökosysteme eindringen, in die sie nicht hingehören. Dort verursachen sie Schäden in Milliardenhöhe. Doch wie gelangen ortsfremde Arten in die ihnen fremden Ökosysteme?
L’huître du Pacifique dans la mer des Wadden en Allemagne du Nord, la moule zébrée de la mer Caspienne dans les grands lacs d’Amérique, le crabe poilu de Shangai dans le Rhin: ce sont tous des exemples d’espèces dites invasives, pénétrant des écosystèmes dans lesquels ils ne sont pas à leur place. Là, ils engendrent des dégâts atteignant des millliards. Mais comment les espèces exotiques parviennent-elles dans ces écosystèmes qui leur sont étrangers?
Die Antwort scheint simpel. Sie werden oft als blinde Passagiere auf Frachtschiffen um die halbe Welt transportiert. Eine Forschergruppe der Universität Oldenburg nahm sich des Problems an. Mit komplexen Computer-Modellen haben die Forschenden die Routen der Frachtschiffe durch die fünf Weltmeere analysiert. Dabei stellten sie fest, dass der Schiffsverkehr einem mathematischen Muster folgt. Dieses zeigt die Ausmasse der Bedrohung durch invasive Arten auf und macht die Ausbreitung der Organismen quantifizierbar.
Die stetige Intensivierung des globalen Schiffsverkehrs führt ungewollt zur weltweiten Ausbreitung bestimmter Arten. Allein in der Nordsee leben mittlerweile mehr als 200 Arten, die hauptsächlich durch Schiffe eingeschleppt wurden. Bioinvasion ist aber nicht auf marine Organismen, Schiffe oder bestimmte Regionen beschränkt. Es ist ein weltweites Problem, das mittlerweile jedes Land betrifft und langfristig zu einer globalen Homogenisierung, aber auch Gefährdung unserer Ökosysteme führt. Einmal eingewandert lassen sich invasive Arten nur schwer ausrotten oder kontrollieren. Die effektivste Strategie liegt daher in der Vermeidung von Bioinvasion, so die Forschenden. Es sei unmöglich, alle Schiffe zu kontrollieren, deshalb solle eine effektive Prävention auf Hochrisiko-Schiffe und -Häfen abzielen. Bisher scheiterten solche Versuche an fehlenden Kenntnissen über die globale Ausbreitungsdynamik potenziell invasiver Arten.
Die Wissenschafter und Wissenschafterinnen haben nun diese Kenntnislücke ein Stück weit geschlossen. Seit 2003 werden alle grösseren Schiffe mit Transpondern ausgerüstet, die spezifische Daten wie Standort, Datum und Schiffsidentität an fest installierte Stationen senden. Auf Basis dieser Daten erstellten sie ein Netzwerk der globalen Schiffsbewegungen. Insgesamt beinhaltet der Datensatz etwa 1’000 Häfen, 16’000 Schiffe und 500’000 Schiffsbewegungen. Daraus ergibt sich ein komplexes Knäuel an Verbindungen.
Die Ausbreitungsmuster auf diesem komplexen Netzwerk sind in der Regel äusserst kompliziert und lassen sich ohne Computersimulation nicht vorhersagen. Die Forschergruppe entwickelt nun ausgehend von diesen Erkenntnissen weitere Modelle zur Simulation von möglichen Invasionsszenarien und zur Berechnung des Risikos von Bioinvasion auf spezifischen Routen und für bestimmte Regionen. Weiterhin soll das marine Schiffnetzwerk mit anderen Verkehrsnetzwerken wie Flugverbindungen oder Binnenschifffahrten kombiniert werden. Das Ziel ist eine vollständige Bewertung des Risikos einer Bioinvasion anhand der Charakterisierung der Warenflüsse im globalen Welthandel.
Keywords:
Invasive Arten, Schiffsverkehr, Computersimulation, globale Ausbreitungsdynamik
Art der Publikation:
Fachpublikation
Literatur:
Kaluza P. et al. (2010). The Complex Network of Global Cargo Ship Movements. Journal of The Royal Society Interface (akzeptiert).
http://www.icbm.de/~blasius/publications.html
Kontaktadresse:
Prof. Dr. Bernd Blasius
Institute for Chemistry and Biology of the Marine Environment,
Carl von Ossietzky Universität
Carl-von-Ossietzky-Str. 9-11
D-26111 Oldenburg
bernd.blasius@uni-oldenburg.de
Tel: +49 (0)441 798-3997
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