19.1.2010: Forschung international
Weltweites Amphibiensterben durch den Chytridpilz?
Extinction mondiale des amphibiens à cause du champignon chytride?
Dennis Rödder et al.
Eine Untersuchung kommt zum Schluss, dass der sich ausbreitende Amphibien-Chytridpilz in vielen Diversitätszentren der Amphibien gute Lebensbedingungen vorfindet. Wird die potenzielle Verbreitung des Pilzes mit Verbreitungskarten der bekannten Amphibien überlagert, zeigt sich, dass 1100 Amphibienarten ausschliesslich in Regionen vorkommen, die für den Pilz als sehr geeignet gelten. Möglichkeiten der Bekämpfung von diesem Pilz in der Natur existieren bisher nicht. Die IUCN propagiert die vorübergehende Erhaltungszucht von Amphibienarten in menschlicher Obhut, beispielsweise in Zoos. Die vorliegende Studie unter Federführung der Universität Trier erlaubt nun eine bessere Priorisierung von Arten für die Erhaltungszucht.
Une étude conclut que le champignon chydride des amphibiens trouve de bonnes conditions de vie dans nombreux centres de diversité des amphibiens. Si l’on superpose la dissémination potentielle du champignon avec la carte de répartition des amphibiens connus, on voit que 1100 espèces de batraciens vivent exclusivement dans des régions très favorables au champignon. Il n’existe aujourd’hui aucun moyen de combattre le champignon dans la nature. L’Union Internationale pour la Conservation de la Nature IUCN encourage transitoirement un élevage de conservation des espèces par l’homme, par exemple dans les jardins zoologiques. Cette étude, menée sous la direction de l’Université de Trève, permet à présent de mieux choisir les espèces à conserver en priorité par élevage.
Amphibien zählen zu den am stärksten bedrohten Tieren der Erde. Nebst den «klassischen» Ursachen wie Habitatverlust und Umweltverschmutzung werden im IUCN Amphibian Conservation Action Plan auch so genannte «neue» Ursachen für den dramatischen Artenrückgang verantwortlich gemacht. Eine besondere Rolle spielen Krankheiten wie die Chytridiomykose, die sich zurzeit ausbreitet. Sie wird durch Batrachochytrium dendrobatidis, den Amphibien-Chytridpilz, ausgelöst. Der Ursprung dieses Erregers ist unbekannt; älteste Vorkommen sind in konservierten Krallenfröschen aus Afrika nachgewiesen worden. Ob der Pilz tatsächlich von dort kommt, ist ungewiss. Als sicher gilt jedoch, dass er seit den 1980er Jahren an verschiedenen Orten der Erde plötzlich aufgetreten ist und binnen kurzer Zeit ganze Amphibien-Lebensgemeinschaften dahingerafft hat, insbesondere in Süd- und Zentralamerika sowie in Australien.
Wissenschaftler am Institut für Biogeographie der Universität Trier haben nun in Zusammenarbeit mit weltweit anerkannten Instituten anhand des bisherigen Vorkommens des Pilzes und Klimadaten ein Modell erstellt, mit dessen Hilfe sich die potenzielle globale Verbreitung des Pilzes vorhersagen lässt. Die Studie sagt voraus, wo überall in der Welt Batrachochytrium dendrobatidis Bedingungen vorfindet, die seine Etablierung begünstigen.
Das Forscherteam zeigt unter anderem, dass der Erreger beste Bedingungen in einigen Regionen findet, die als Diversitätszentren für Amphibien gelten, aber bisher noch frei vom Chytridpilz sind. Dazu zählen Madagaskar, das Äthiopische Hochland, die südliche Himalaya-Region, Chinas Yunnan Provinz sowie weite Teile Süd-Ost-Asiens.
Kombiniert man das Modell für die potenzielle Verbreitung des Pilzes mit Verbreitungskarten der bekannten Amphibien, zeigt sich, dass 1100 Arten ausschliesslich in Regionen vorkommen, die für den Pilz als sehr geeignet gelten. Wenn man allein die Froschlurche betrachtet, so gelten solche, die bestimmte Lebensweisen besitzen, als besonders empfänglich für die Chytridiomykose (z.B. Vorkommen in Gebirgen, Fortpflanzung in Fliessgewässern). Dies sind vornehmlich Frösche und Kröten aus tropischen Regionen Südamerikas, Afrikas, Asiens und Australiens. Die Forschergruppe nimmt an, dass es sich bei diesen 379 Arten um die am stärksten durch den Chytridpilz gefährdeten Amphibien handelt.
Möglichkeiten der Bekämpfung von Batrachochytrium dendrobatidis in der Natur existieren bisher nicht. Die IUCN propagiert die vorübergehende Erhaltungszucht von Amphibienarten in menschlicher Obhut, beispielsweise in Zoos als moderne Arche Noah. Die vorliegende Studie unter Federführung der Universität Trier erlaubt nun eine bessere Priorisierung von Arten für die Erhaltungszucht.
Auch in Europa findet der Chytridpilz zunehmend geeignete Lebensbedingungen vor; viele einheimische Arten sind bereits infiziert. Die Trierer Forscher widmen sich daher nun verstärkt der Frage, ob und in welchem Masse der Amphibienerreger auch bei uns beginnt Fuss zu fassen und mit welchen Folgen zu rechnen ist.
Keywords:
Krankheiten, Chytridpilz, Amphibien, Batrachochytrium dendrobatidis
Art der Publikation:
Fachpublikation
Literatur:
D. Rödder et al. (2009). Global amphibian extinction risk assessment for the panzootic chytrid fungus. Diversity 1, 52-66 (doi:10.3390/d1010052).
Kontaktadresse:
Dr. Stefan Lötters
Geography/Geo Sciences
Biogeography Department
Wissenschaftspark, building 024
Am Wissenschaftspark 25-27
D-54296 Trier
loetters@uni-trier.de
Tel: +49 (0)651 201 4691
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