14.11.2003: Forschung CH
Grüne Dächer
Stephan Brenneisen
Auf immer mehr Flachdächern in der Schweiz dürfen Pflanzengesellschaften wachsen. Werden bei solchen Dachbegrünungen bestimmte Anforderungen an das Substrat und die Oberflächenstruktur eingehalten, können sonst wüstenartige Flachdächer zu wertvollen Ersatz-Lebensräumen für seltene Tier- und Pflanzenarten werden.
Auf dem Stadtgebiet von Basel nehmen Flachdachbauten 10% der Arealfläche ein. In Gebieten mit typischen städtischen Baustrukturen, wie gründerzeitliche Blockrandbebauungen mit teilweiser gewerblicher Nutzung der Innenhöfe, sowie in den Industriegebieten, erreicht der Anteil der Flachdächer sogar 30%.
Ergänzend wurde zusätzlich zur quantitativen Bestimmung des Flächenpotenzials die Bedeutung begrünter Dächer als Lebensraum für die städtische Fauna auch qualitativ untersucht. In einem Zeitraum von drei Jahren wurden auf 15 begrünten Dächern in Basel sowie auf sieben in Luzern die Spinnen- und Käferzönosen erfasst. Dabei wurden total 78 Spinnen- bzw. 254 Käferarten gezählt, wobei 14 (18%) der Spinnenarten als «faunistisch interessant» einzustufen waren bzw. 27 (11%) der Käferarten als gefährdete Rote Liste-Arten. Das erstaunliche Ausmass der Funde seltener Arten ergab sich in erster Linie durch den grossen Untersuchungsumfang. Auf der artenreichsten Begrünung Rhypark in Basel wurden 13 Käferarten aus Roten Listen sowie sechs faunistisch interessante Spinnenarten gefunden. Es zeigte sich hier, dass mit einer zielorientierten Begrünungseinrichtung auf Flachdächern ein ökologischer Ausgleich geschaffen werden kann, der für den Arten- und Naturschutz lokal bis regional bedeutend ist.
Diese Erkenntnisse decken sich mit Befunden einer botanischen Untersuchung von älteren begrünten Flachdächern in Wollishofen bei Zürich. Dort wurden reichhaltige Orchideenbestände und weitere, im östlichen Schweizerischen Mittelland gefährdete und seltene Arten gefunden. Von Elias Landolt wird daher eine kantonale Schutzstrategie vorgeschlagen.
Mit der Untersuchung eines breiten Spektrums verschiedener Ausprägungsformen von extensiven Dachbegrünungen zeigte sich auch eine grosse Varianz bezüglich der Bedeutung für den Arten- und Naturschutz. Auf geringmächtigen ausnivellierten Substrataufträgen war in der Regel ein nur sehr spärlicher Bewuchs vorhanden, der mit beschränkten Etablierungsmöglichkeiten für seltene Spinnen- und Käferarten verbunden war. Eine begleitende Untersuchung der Ausführungspraxis ergab, dass der überwiegende Anteil der aktuell eingerichteten Dachbegrünungen leider sehr geringmächtig sind. Es muss deshalb davon ausgegangen werden, dass sich auf den meisten neu entstehenden Dachbegrünungen nur artenarme Biozönosen entwickeln dürften.
Mit der dreijährigen Untersuchung auf spezifisch eingerichteten Flächen konnten erste konkrete Hinweise zur Funktionalität der Einrichtung von kleinen Hügeln erarbeitet werden die als stets leicht feucht bleibende Rückzugsorte für die Bodenfauna während den Trockenperioden im Sommer dienen. Im Vergleich zu ausnivellierten Standorten war hier die Artenvielfalt signifikant höher.
Keywords:
Dachbegrünung, Naturschutz, Stadtökologie, Landschaftsplanung
Art der Publikation:
Dissertation
Literatur:
Brenneisen S. (2003): Ökologisches Ausgleichspotenzial von extensiven Dachbegrünungen Bedeutung des Ersatz-Ökotops für den Arten- und Naturschutz und die Stadtentwicklungsplanung. Dissertation Geographisches Institut Universität Basel
http://www.hortikultur.ch
Kontaktadresse:
Stephan Brenneisen, Fachabteilung Umwelt und Natürliche Ressourcen, Grüntal, Postfach 335, CH-8820 Wädenswil
s.brenneisen@hsw.ch
Tel: +41 (0) 1 789 99 29
Fax: +41 (0) 1 789 99 40
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