11.6.2009: Forschung CH

Naturnahe Flussabschnitte gegen Neozoen resistent

Les tronçons naturels de rivière résistent aux néozoaires



Uta Mürle, Johannes Ortlepp, Peter Rey

Untersuchungen im Hochrhein zeigen, dass sich als Folge der Ausbreitung invasiver gebietsfremder Arten (Neozoen) die Besiedlung der Hochrheinsohle mit Makroinvertebraten in den letzten Jahren erneut deutlich verändert hat. In den naturnahen Abschnitten oberhalb der Aaremündung konnten sich die einheimischen, angestammten Arten gegenüber der neuen Konkurrenz deutlich besser behaupten als in den stärker vom Mensch beeinflussten Abschnitten unterhalb der Aaremündung.

Des analyses dans le haut Rhin ont montré qu’à la suite de la propagation d’espèces exotiques invasives (néozoaires), le peuplement de macroinvertébrés du lit du fleuve s’est fortement modifié ces dernières années. Dans les tronçons proches de l’état naturel, en amont de l’embouchure de l’Aare, les espèces indigènes résistent mieux à la concurrence des nouvelles espèces que dans les tronçons plus fortement influencés par l’homme, en aval de l’embouchure de l’Aare.


Im Herbst 2006 und Frühjahr 2007 wurde bereits zum vierten Mal seit 1990 das Zoobenthos des Hochrheins untersucht. Die Aufnahmen für das Monitoring fanden an neun Flussquerschnitten zwischen Bodensee und Basel statt. Diese repräsentieren den Bodenseeabfluss (Abschnitt A), den naturnahen Hochrhein oberhalb der Aaremündung (B), den ausgebauten und staubeeinflussten Hochrhein unterhalb der Aaremündung (C) und den durch Grossschiffahrt geprägten Hochrhein von Rheinfelden bis Basel (D).
Im Längsverlauf des Hochrheins wurden erneut deutliche Unterschiede in der Besiedlung der Flusssohle festgestellt: In den naturnahen Abschnitten oberhalb der Aaremündung (A und B) dominierten wie bisher die Wasserinsekten. In den Abschnitten unterhalb der Aaremündung (C und D) waren es Mollusken (Muscheln und Schnecken) und Crustaceen (Krebstiere).
Zwischen 1995 und 2007 gab es deutliche Veränderungen in der Sohlenbesiedelung. So verschwand die Flusskahnschnecke – 1995 noch eine dominante Art im Raum Basel – bis 2002 völlig aus dem Hochrhein. Unterhalb der Aaremündung gingen die Bestände der Zebramuschel seit etwa 2000 stark zurück. Anderen, dort zuvor ebenfalls häufigen Taxa erging es ähnlich. So sind einige einheimische Flohkrebsarten, die Eintagsfliege und die Köcherfliege sehr selten geworden, und Strudelwürmer oder Kriebelmücken konnten gar nicht mehr nachgewiesen werden. Ursache für diese Veränderungen ist offensichtlich das aggressive Frass- und Raumnutzungsverhalten invasiver Neozoenarten, von denen sich seit 1995 mindestens sechs neu im unteren Hochrhein etabliert haben. Dagegen weist die Benthosbesiedlung in den naturnahen oberen Hochrheinabschnitten noch immer eine stabile Besiedlung mit angestammten Arten auf.
Massenvermehrungen von Neozoen sind auch für die erheblichen Unterschiede in den Biomassewerten verantwortlich. Während naturnahe Stellen nur geringe Benthos-Biomassen aufwiesen, lagen diese an Stellen unterhalb der Aaremündung mit hohen Dichten der Körbchenmuschel und der grossen neozoischen Flohkrebse um ein Vielfaches höher. Im Bodenseeabfluss bei Hemishofen sorgten die noch immer dichten Bestände der Zebramuschel für eine hohe Biomasse. Die im Hochrhein vorhandene Nahrungsgrundlage wirkt sich auf die Massenvermehrung von invasiven Neozoen also nicht limitierend aus.
Im naturnahen Hochrheinabschnitt B konnten sich invasive Neozoenarten noch nicht etablieren. Auch im Abschnitt A, wo der grosse Höckerflohkrebs vom Bodensee her eingedrungen ist, war noch kein negativer Einfluss auf die angestammte Benthosbiozönose zu erkennen. Dies lässt den Schluss zu, dass die weitere massive Ausbreitung von Neozoen nur begrenzt werden kann, wenn die Lebensbedingungen und Konkurrenzvorteile der typischen Rheinarten durch eine naturnahe Morphologie, Strömungs- und Abflusscharakteristik des Hochrheins erhalten und gefördert werden.



Keywords:
Neozoen, Makroinvertebraten, Hochrhein, Flohkrebs

Art der Publikation:
Bericht

Literatur:
Mürle U., Ortlepp J., Rey P. (2008): Koordinierte biologische Untersuchungen im Hochrhein 2006/07. Makroinvertebraten. Umwelt-Wissen Nr. 0822. Bundesamt für Umwelt, Bern. 104 S.



Download:

Kontaktadresse:
BAFU
Verlagsauslieferung
3003 Bern


docu@bafu.admin.ch


Zurück zur Liste