7.4.2009: Forschung international

Bienen stoppen Raupen

Abeilles contre chenilles



Jürgen Tautz, Michael Rostás

Wo Bienen fliegen, fühlen sich die Raupen bestimmter Schmetterlingsarten stark gestört. Sie fressen dann in Landwirtschaftskulturen bis zu 70 Prozent weniger Blattmasse. Diese Ökosystemdienstleistung funktioniert aber nur, wenn den Bienen etwas geboten wird, beispielsweise blütenreiche Ausgleichsflächen.

Les chenilles de certaines espèces de papillons sont fortement gênées là où volent des abeilles. Elles mangent alors jusqu’à 70 pour cent moins de masse foliaire dans les cultures agricoles. Mais ce service écosystémique ne fonctionne que lorsque l’on offre quelque chose aux abeilles, comme par exemple des surfaces de compensation avec de nombreuses fleurs.


Gefräßige Raupen können auf Feldern großen Schaden anrichten. Eine raffinierte Methode, um den hungrigen Tieren Einhalt zu gebieten, beschreiben Biologen von der Universität Würzburg in der neuen Ausgabe des Fachblatts «Current Biology».
Meist sind es dicke Schmetterlingsraupen, die sich an den Blättern von Kohl, Salat & Co. satt fressen. Aber auch die proteinreichen Raupen selbst sind begehrtes Futter. Unter anderem vor Faltenwespen müssen sie auf der Hut sein.
Das schaffen die Raupen mit feinsten Sinneshärchen: Sie registrieren damit die Luftbewegung, die beim Herannahen einer Wespe durch deren Flügelschlag entsteht. Die Raupen lassen sich dann auf den Boden fallen oder bleiben regungslos sitzen. So sind sie außer Gefahr – denn die Wespen jagen nur Beute, die sich bewegt.
Honigbienen haben in etwa die gleiche Körpergröße und Flügelschlagfrequenz wie Faltenwespen. Die Raupen können mit ihren einfachen Sinneshärchen nicht unterscheiden, ob sich eine gefährliche Wespe oder eine harmlose Honigbiene nähert. Kommen häufig Bienen in ihre Nähe, so bedeutet das für die Raupen ständigen Stress. Die Folge: Sie fressen bis zu 70 Prozent weniger Blattmasse als Raupen, die «bienenfrei» leben.
Die Forscher platzierten im Botanischen Garten zwei große Käfige, in denen Paprika und Sojabohnen wuchsen. Beide Käfige bestückten sie mit den Raupen eines Eulenfalters, der bei Gemüsebauern als extremer Schädling bekannt ist. In einem Käfig durften die Raupen ungestört fressen. In den anderen ließen die Forscher Honigbienen einfliegen, die dort eigens für sie platzierte Futterstellen besuchten. Der Flugverkehr störte die Raupen so sehr, dass sie bis zu zwei Drittel weniger Blätter vertilgten als die Raupen in dem anderen Käfig.
Ob sich Landwirte diesen Effekt zunutze machen können, wollen die Würzburger Wissenschaftler im kommenden Frühjahr testen. Zurzeit suchen sie nach einem Bio-Hof, der dazu bereit ist, ein Gemüsefeld auf besondere Weise anzulegen - nämlich schön bunt mit Wildblumen garniert. Die Blüten sollen vermehrt Bienen anlocken. Ob sich deren Treiben auch im Freiland ähnlich auf Raupen auswirkt wie im Käfig, das wollen die Würzburger Forscher dann genau überprüfen.



Keywords:
Ökosystemdienstleistung, Bienen, Schädlinge, Landwirtschaft

Art der Publikation:
Fachpublikation

Literatur:
Tautz J., Rostás M. (2008). Honeybee buzz attenuates plant damage by caterpillars. Current Biology 18 (24), R1125 - R1126.
http://www.beegroup.de

Kontaktadresse:
Prof. Dr. Jürgen Tautz
Behavioral Physiology and Sociobiology
Biozentrum der Universität Würzburg
Am Hubland
D-97074 Würzburg


tautz@biozentrum.uni-wuerzburg.de
Tel: +49 (0)931 888 4319


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