24.11.2008: Forschung CH
Flussrenaturierungen: Besiedlung durch Wirbellose mit Verzögerung
Tino Stäheli
Mit Flussrevitalisierungen werden hydromorphologische Strukturen aufgewertet und den aquatischen Lebensgemeinschaften ein neues Entwicklungspotential geboten. Am Beispiel von sechs Untersuchungsstrecken wurden die Zusammenhänge zwischen Hydromorphologie und Makrozoobenthos in dem Mittellandbach Bünz untersucht. Die Artengemeinschaften haben sich innerhalb circa 10 Jahren noch nicht erholt.
Seit sich die Wasserqualität in Mitteleuropa stark verbessert hat, gilt die hydromorphologische Beeinträchtigung der Fliessgewässer als stärkster negativer Einfluss auf die aquatischen Lebensgemeinschaften. Auf Grund von umfassenden flussbaulichen Massnahmen in der Vergangenheit und dem daraus resultierenden schlechten Zustand der Morphologie der Schweizer Flüsse und Bäche besteht ein grosses Potenzial für die Revitalisierung von Strukturen und Prozessen. Durch solche revitalisierenden Massnahmen werden Habitate aufgewertet oder neu geschaffen. Dadurch wird die natürliche Entwicklung der aquatischen Lebensgemeinschaften angestrebt – und auch erwartet.
Eine wichtige Frage in diesem Zusammenhang ist, wie gut die Makroinvertebraten (Macrozoobenthos) den hydromorphologischen Zustand eines Gewässerabschnittes (bzw. die Veränderung) repräsentieren. Als Makroinvertebraten bezeichnet man die wirbellosen Tiere der Gewässersohle, die von blossem Auge sichtbar sind. Es handelt sich dabei vor allem um Larvenstadien von Insekten, um Krebse, Milben, Schnecken und Muscheln, Egel und Würmer. Diese Kleinlebewesen nehmen wichtige ökologische Funktionen im Gewässer wahr.
Am Beispiel eines Schweizer Mittellandbaches wurden in sechs revitalisierten Untersuchungsstrecken von vielfältiger ökologischer Qualität die Veränderungen der hydromorphologischen Strukturen im Vergleich zu einer degradierten Referenz untersucht. Die Entwicklung der taxonomischen Zusammensetzung des Makrozoobenthos wurde in einem zeitlichen (< 10 Jahre) und räumlichen Kontext beurteilt. Dabei konnte festgestellt werden, dass sich die Indikatoreigenschaften der Lebensgemeinschaften trotz verbesserter Strukturen verschlechtert haben oder gleich geblieben sind. Die zu kurze Zeit für die Entwicklung der Habitate und Gemeinschaften, fehlende Längs- und Lateralvernetzung und Hemmnisse bei der Kolonisierung der neuen Habitate durch Individuen aus externen Artenpools werden als Gründe für diesen überraschenden Befund genannt. Die durchgeführten Revitalisierungsprojekte gelten dennoch als Erfolg. Eine weitere Entwicklung der Abschnitte hin zu einem natürlicheren Zustand wird erwartet. Gegenwärtige und in Zukunft geplante Projekte können diese Entwicklung weiter positiv beeinflussen.
Keywords:
Revitalisierung, Hydromorphologie, Macrozoobenthos, Fischhabitate
Art der Publikation:
Diplomarbeit
Literatur:
Stäheli T. 2008. Revitalisierungen an der Bünz: Zusammenhänge zwischen Hydromorphologie und Macrozoobenthos. Eawag, das Wasserforschungsinstitut des ETH Bereichs. Diplomarbeit.
Kontaktadresse:
Tino Stäheli
Forchstrasse 206
CH-8032 Zürich
tino.staeheli@eawag.ch
Tel: +41 (0)76 381 56 65
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