7.10.2008: Forschung CH

Die Wirkung der Landschaftszerschneidung auf Mensch und Natur




Manuela Di Giulio et al.

In der Schweiz hat die Zerschneidung der Landschaft in den letzten 70 Jahren stark zugenommen. Strassen, Siedlungen und Bahnlinien wirken auf viele Tier- und Pflanzenarten, aber auch auf den Menschen als Barrieren. Forschende der Eidgenössischen Forschungsansalt WSL haben den aktuellen Kenntnisstand zu den Wirkungen der Landschaftszerschneidung auf Mensch und Natur zusammengefasst und im neuen Band der Bristol-Schriftenreihe veröffentlicht.


Die Alltagslandschaft der meisten Menschen in Mitteleuropa ist städtisch. Sie ist von Wohnhäusern, Strassen, Industrieanlagen und Einkaufszentren geprägt. Diese zerschneiden die Landschaft und begrenzen naturnahe Lebensräume auf kleine und isolierte Flächen. Der theoretische und empirische Kenntnisstand über die Auswirkungen der Landschaftszerschneidung auf den Menschen und die Biodiversität wurde nun von Wissenschafterinnen und Wissenschaftern aufgearbeitet. Die Resultate sind in der Schriftenreihe der Bristol-Stiftung publiziert worden. Der Prozess der Landschaftszerschneidung und dessen Auswirkungen auf die Landschaft werden anhand von Illustrationen nachvollziehbar gemacht.
Barrieren in der Landschaft be- oder verhindern den Austausch von Individuen und somit die genetische Vermischung der Bestände; langfristig können so genetische Probleme wie Inzucht entstehen. Beispielsweise trennen stark befahrene Strassen die Bestände des Grasfrosches. Wenige Jahrzehnte nach dem Bau einer neuen Strasse ist die genetische Vielfalt in den einzelnen Beständen bereits vermindert. Grünbrücken und Unterführungen heben die Zerschneidung der Landschaft auf oder mildern sie zumindest.
Verkehrsreiche Strassen wirken auch auf Menschen als Barrieren. Verkehrsreiche Strassen können beispielsweise Menschen von Naherholungsgebieten trennen. So trennte die Autobahn A3 viele Jahre das Quartier Zürich-Wollishofen vom Erholungsgebiet Entlisberg. Die Quartierbevölkerung wehrte sich über 40 Jahre lang gegen die Autobahnschneise und erreichte, dass diese überdeckt wurde und dass das Quartier heute wieder mit seinem Naherholungsgebiet verbunden ist.
Eine neue Schweizer Studie zeigt, dass der Grad der Landschaftszerschneidung in den letzten 70 Jahren um etwa 90% zugenommen hat. Seit 2006 ist der Grad der Landschaftszerschneidung ein Indikator für den Zustand der Landschaft, der vom Bund jährlich erfasst wird. Auch einzelne Kantone beobachten die Entwicklung ihrer Landschaft: Der Kanton Aargau hat so ermittelt, welche unzerschnittenen Landschaften erhalten werden müssen und in welchen Gebieten Vernetzungsmassnahmen nötig sind, um der starken Zerschneidung im Aargauer Mittelland entgegenzuwirken.



Keywords:
Habitatverlust, Habitatfragmentierung, Verstädterung, Landschaftsplanung, Europa

Art der Publikation:
Fachpublikation

Literatur:
Di Giulio Manuela et al. (2008). Zerschneidung der Landschaft in dicht besiedelten Gebieten. Eine Literaturstudie zu den Wirkungen auf Natur und Mensch und Lösungsansätze für die Praxis. Bristol-Stiftung, Zürich. Haupt Verlag. Bern, Stuttgart, Wien. 90 S.
www.haupt.ch/verlagsshop/oxid.php/cl/details/anid/9783258073811

Für mehr Informationen:

Kontaktadresse:
Dr. Manuela Di Giulio
Eidg. Forschungsanstalt WSL
Zürcherstrassse 111
CH-8903 Birmensdorf


manuela.digiuli@wsl.ch
Tel: +41 (0)44 739 22 53


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