7.10.2008: Forschung CH

Genetische Diversität erhöht Resistenz gegenüber Parasiten




Florian Altermatt, Dieter Ebert

Aus der Landwirtschaft weiss man, dass Pflanzen aus Monokulturen mit geringer genetischer Diversität stärker von Krankheiten und Parasiten betroffen sind als Populationen mit hoher genetischer Diversität. Wissenschafter konnten nun erstmalig zeigen, dass der Monokultur-Effekt auch bei natürlichen Tierpopulationen relevant ist. In einem Langzeit-Experiment fanden sie heraus, dass sich Parasiten in Wasserflohpopulationen mit einer geringen genetischen Diversität signifikant besser ausbreiteten als in Wasserflohpopulationen mit einer hohen genetischen Diversität.




Die Monokultur-Hypothese besagt, dass Populationen mit geringer genetischer Diversität stärker von Parasiten betroffen sind als Populationen mit hoher genetischer Diversität. Dieser Effekt ist bei landwirtschaftlichen Kulturen seit längerem bekannt. Möglicherweise ist er aber auf die künstliche Situation in der Landwirtschaft zurückzuführen: Nutzpflanzensorten sind speziell auf hohe Erträge gezüchtet, wodurch andere Eigenschaften verloren gegangen sein könnten. Bisher war nicht klar, ob der Monokultur-Effekt auch in Populationen unter natürlichen Bedingungen eine Rolle spielt, und ob er auch bei Tieren zutrifft. Letzteres ist interessant, weil sich Tiere im Zusammenhang mit Parasiten in vielen Punkten von Pflanzen unterscheiden: unter anderem sind die meisten Tiere mobil, und es finden oft soziale Interaktionen zwischen verschiedenen Individuen statt. Beides kann die Übertragung von Parasiten begünstigen und somit die Epidemiologie beeinflussen.
In einem Langzeit-Experiment studierten Wissenschafter der Universität Basel erstmalig, wie sich ein Parasit in Tierpopulationen mit unterschiedlicher genetischer Diversität ausbreitet. Für das Experiment verwendeten sie Wasserflohpopulationen, welche unter halbnatürlichen Freilandbedingungen in Südfinnland gehalten wurden. Wasserflöhe (Daphnia sp.) sind planktonisch lebende Süsswasserkrebse. Als Parasit kam ein Mikrosporidium (Octosporea bayeri) zum Einsatz, welches in der Haemolymphe und im Fettkörper der Wasserflöhe lebt. Die Wasserflohpopulationen wurden in Kübeln gehalten, das Wasser und die Umweltbedingungen entsprachen aber dem natürlichen Habitat, den sogenannten Schärentümpeln.
Die Forscher konnten erstmalig zeigen, dass sich Parasiten in Wirtspopulationen von geringer genetischer Diversität signifikant besser ausbreiten als in Wirtspopulationen von hoher genetischer Diversität. Dieser Effekt war über die ganze Dauer von drei Jahren erkennbar. Die im Experiment verwendeten Wasserflohpopulationen waren unabhängig repliziert und entsprachen natürlichen Populationen. Am Ende des Experiments konnte mit Hilfe von genetischen Markern gezeigt werden, dass sich die Wasserflohpopulationen immer noch in ihrer genetischen Diversität unterschieden. Deshalb folgern die Wissenschafter, dass der Monokultur-Effekt nicht nur in landwirtschaftlichen Kulturen sondern auch in natürlichen Populationen relevant ist. Diese Erkenntnisse sind für den Artenschutz wichtig: Populationen gefährdeter Arten sollten eine hohe Diversität aufweisen, um besser gegen Parasitenepidemien gewappnet zu sein.



Keywords:
Monokultur-Effekt, Epidemiologie, Parasiten, Resistenz, Daphnia

Art der Publikation:
Fachpublikation

Literatur:
Altermatt Florian, Dieter Ebert (2008). Genetic diversity of Daphnia magna populations enhances resistance to parasites. Ecology Letters 11, 918-928.
http://www3.interscience.wiley.com/journal/120125494/abstract

Kontaktadresse:
Florian Altermatt
Universität Basel
Zoologisches Institut
Vesalgasse 1
4051 Basel


florian.altermatt@unibas.ch
Tel: +41 (0)61 717 88 63


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