7.7.2008: Forschung CH
Der ökologische Wert der Wirtschaftswälder im Mittelland
Burnand J. et al.
Produktive, forstwirtschaftlich intensiv genutzte Waldstandorte werden in der Diskussion um die ökologischen Werte des Waldes meistens vernachlässigt. Im Schweizerischen Mittelland bilden solche Wälder aber den Hauptteil des Waldareals.
Im vorliegenden Projektbericht wird eine Methode vorgestellt, mit welcher ökologische Leistungen von Wäldern oder Waldgebieten vergleichend bewertet werden können. Vereinfachend wird sowohl die Methode als auch das Resultat «Ökowert» genannt.
Die Substitution von fossilen Brennstoffen und von Baumaterialien durch Holz ist ein zentraler ökologischer Wert von produktiven Wäldern. Weniger produktive Wälder sind besonders wertvoll für z. B. Artenvielfalt, Seltenheit oder Vernetzung. Eine Beurteilung, oder genauer Gewichtung, ökologisch relevanter Werte von unterschiedlich produktiven Wäldern ist grundsätzlich willkürlich oder politisch motiviert. Der Vorgang der vergleichenden Bewertung schreibt hier Regeln vor, nach welchen vorgegangen werden soll, um die Wertschätzung des Forstbetriebs, der Forstbehörde oder der Gemeinde dem Wald gegenüber transparent zu gestalten.
Ein Untersuchungsgebiet wird in fünf bis zehn Hektaren grosse Bestandeskomplexe unterteilt, die idealerweise den Behandlungseinheiten entsprechen. Dabei ist die Ökowert-Methode für die Bewertung von verschieden grossen Waldgebieten anwendbar; ihre primäre Anwendung ist aber den Forstbetrieben zugedacht. Folgende Kriterien wurden nach mehreren Diskussionen mit einer beratenden Fachgruppe für eine Bewertung vorgesehen: Waldintegrität, Naturnähe, Vielfalt im Wald, Vielfalt am Waldrand, Seltenheit, Vernetzung und Substitutionswert. Aus prinzipiellen und praktischen Gründen wurde auf den Einbezug des Erholungswertes verzichtet. Jedes dieser sieben Kriterien wird durch ein bis sechs Indikatoren charakterisiert. Die Indikatoren werden mit Merkmalen geschätzt (z. B. biologische Aktivität des Oberbodens) oder gemessen (z. B. Totholzanteil). Für alle Merkmale folgt die Bewertung einer 10-stufigen Skala. Sowohl Kriterien als auch Indikatoren sind untereinander jeweils gleich gewichtet. Werte für Waldgesellschaften des Juras, des Mittellandes und der Nordalpen sind in einer Liste zusammengestellt.
Als Minimalstandard zur Ökowertberechnung werden eine Standortskartierung und Bestandesangaben zu Waldstruktur, Artenzusammensetzung und Dominanzen vorausgesetzt. Ökowerte für Waldflächen bis zu 50 Hektaren Grösse können mit einem Tabellenkalkulationsprogramm berechnet werden. Bei grösseren Untersuchungsflächen ist ein GIS-Programm unerlässlich. Die Analyse erfolgt durch den lokalen Bewirtschafter und in enger Zusammenarbeit mit einem externen Berater und Bearbeiter. Letztere sind praktischerweise auch für die Verarbeitung der Daten zuständig. Im Projekt wurden die beiden Fallbeispiele Zurzach und Kirchberg bearbeitet. In beiden wurden laut Beurteilung der Praktiker anwendbare Ergebnisse erzielt.
Keywords:
Forstwirtschaft, Bewertungssystem, Waldwert, Vernetztheit, Substitutionswert
Art der Publikation:
Bericht
Literatur:
Burnand J. et al. (2007). Ein Werkzeug zur ökologischen Bewertung der Wirtschaftswälder im Mittelland. Projektbericht. Birmensdorf, Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL. 109 S.
http://www.wsl.ch/publikationen/books/8295_DE
Kontaktadresse:
Dr. Thomas Wohlgemuth
Eidg. Forschungsanstalt WSL
Zürcherstrasse 111
CH-8903 Birmensdorf
wohlgemuth@wsl.ch
Tel: +41 (0)44 739 23 71
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