2.6.2008: Forschung CH

Keine Art vergessen?




Marc Kéry und Matthias Plattner

Die Artenzahl ist nicht immer leicht messbar, und viele Arten bleiben dabei unentdeckt. Mit Daten aus den Tagfalter Erhebungen des Biodiversitätsmonitorings Schweiz (BDM) wurde berechnet, ob gegenwärtige Fang-Wiederfang-Modelle Schätzungen der tatsächlichen Artenzahl liefern können. In allen Fällen waren mehr Arten vorhanden als gezählt wurden.


Die Artenzahl ist das am weitesten verbreitete Biodiversitätsmass; sie ist jedoch oft schwer messbar. Viele Arten bleiben zudem unentdeckt, weshalb die wahre Artenzahl bei simplen Artzählungen unterschätzt wird. Mit Fang-Wiederfang-Methoden ist es möglich, die wahre Artenzahl zu schätzen und Unterschiede in der Entdeckungswahrscheinlichkeit zu korrigieren. Diese ist der Schlüsselfaktor für den Unterschied zwischen der gezählten Artenzahl und der wahren Artenzahl. Sie wurde bei Insekten bisher kaum je geschätzt.
Mit Daten aus den Tagfalter Erhebungen des Biodiversitätsmonitorings Schweiz (BDM) wurde berechnet, ob gegenwärtige Fang-Wiederfang Modelle Schätzungen der Artenzahl liefern können. Weiter wurde die Entdeckungswahrscheinlichkeit in Abhängigkeit verschiedener Variablen geschätzt.
Die Artenzahl über die gesamte Saison (7 Begehungen von Mai bis September) kann mit den existierenden Fang-Wiederfang-Methoden nicht berechnet werden. Der Artenpool ist offen, weshalb Modelle für geschlossene Populationen nicht verwendet werden können. Da die Entdeckungswahrscheinlichkeit zwischen den Arten variiert, können aber auch die existierenden Modelle für offene Populationen nicht verwendet werden. Mit der Annahme, dass in den beiden Begehungen im Juli der Artenpool gleich bleibt, konnte als Annäherung ein Jackknife Fang-Wiederfang-Modell verwendet werden, um die mittlere Entdeckungswahrscheinlichkeit und Artenzahl zu schätzen.
In jedem Fall waren mehr Arten auf den Untersuchungsstrecken (Transekts) vorhanden als gezählt wurden. Die mittlere Artentdeckungswahrscheinlichkeit auf zwei Begehungen lag bei 0.61 und unterschied sich zwischen unterschiedlichen Beobachtern signifikant (Spanne: 0.37-0.83). Für drei Begehungen Mitte Jahr wurde danach die Entdeckungswahrscheinlichkeit zum Zeitpunkt t+1 für diejenigen Arten modelliert, welche zum Zeitpunkt t gesehen wurden. Sie betrug im Schnitt der Arten pro Begehung 0.5 (0.17-0.81) und war bei häufigen Arten höher. Die Individuenzahl erklärte jedoch nur 5% der Variation in der Entdeckungswahrscheinlichkeit.
Die Resultate geben wichtige Hinweise für Artenschätzungen kurzlebiger Tierarten und zeigen die Notwendigkeit, die bestehenden statistischen Modelle zu verbessern. Simple Artenzählungen können schlechte Indikatoren für Artenreichtum sein, wenn nur wenige Begehungen durchgeführt werden. In Monitoringprogrammen sollte zudem getestet werden, ob die Entdeckungswahrscheinlichkeit über die Zeit gleich bleibt.



Keywords:
Tagfalter, Fang-Wiederfang, Monitoring, Vielfalt, Populationsmodell

Art der Publikation:
Fachpublikation

Literatur:
Kéry M., Plattner M. (2007). Species richness estimation and determinants of species detectability in butterfly monitoring programmes. Ecological Entomology 32, 53-61

Kontaktadresse:
Matthias Plattner
Hintermann & Weber AG
Austrasse 2a
CH-4153 Reinach


plattner@hintermannweber.ch
Tel: +41 (0)61 717 88 84


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