11.12.2007: Forschung international

Gut versichert mit Wildbienen




Rachael Winfree et al.

Der Rückgang der Honigbienen gefährdet nicht überall die Bestäubung von Nutzpflanzen. Eine Untersuchung hat gezeigt, dass Wildbienen diese Arbeit mindestens genauso gut machen - vorausgesetzt, es hat noch ausreichend naturnahe Flächen, in denen die Bestäuber nisten können.


Seit mehreren Jahren wird weltweit ein Honigbienensterben beobachtet. Besonders akut ist der Rückgang in den USA, wo 29% der Imker in diesem und dem vergangenen Jahr bis zu 75% ihrer Völker verloren haben. Angesichts dieser Entwicklung ist die Frage aufgetaucht, ob die Bestäubung der Nutzpflanzen überhaupt noch gewährleistet ist. Immerhin profitieren viele Obst-, Gemüse, Gewürz, Öl- und Genusspflanzen wie Vanille und Kiwi von den Bestäubern. Der ökonomische Wert der Bestäubung wird weltweit auf jährlich 30 bis 60 Milliarden Euro geschätzt. Wissenschaftler aus Amerika und Kanada geben aber nun Entwarnung: In ihren Untersuchungsgebieten in New Jersey und Pennsylvania sei die Bestäuberleistung durch Wildbienen ausreichend, um die Ernte an Wassermelonen, die vollständig auf Fremdbestäuber angewiesen sind, auch ohne Honigbienen zu garantieren.

Für ihre aufwändigen Untersuchungen haben die Forscher fast 16'000 Wassermelonenblüten während jeweils 45 Sekunden beobachtet. Alle anfliegenden Bienen wurden registriert und einer bestimmten Artengruppe zugeordnet. Im Rahmen eines Experiments wurde zusätzlich die Bestäubungsleistung der verschiedenen Bienenarten während eines einzelnen Blütenbesuchs festgestellt. Die Resultate zeigen, dass der Pollentransport durch sämtliche Bestäuber mehr als genug ist, um die Wassermelonen zu befruchten. Besonders gross ist der Beitrag der Wildbienen. Wären sie die alleinigen Bestäuber, wäre die heutige Wassermelonenernte auf über 90% der landwirtschaftlichen Betriebe gesichert. Ein völliger Zusammenbruch der Imkerei, so die Wissenschaftler, würde demnach die landwirtschaftliche Produktion nur marginal beeinträchtigen.

So erfreulich dieser Befund ist − er widerspricht früheren Forschungsresultaten aus Kalifornien, die zeigen, dass die Wildbienen allein nicht in der Lage sind, die landwirtschaftliche Produktion aufrecht zu erhalten. Winfree und ihre Kollegen weisen jedoch darauf hin, dass diese Studien in intensiv genutzten Agrarlandschaften durchgeführt wurden, in denen praktisch keine natürlichen Lebensräume mehr vorhanden sind und sich deshalb keine ausreichend grossen Wildbienenpopulationen entwickeln können. In ihren Studiengebieten in New Jersey und Pennsylvania sei dagegen keine Untersuchungsfläche weiter als 300 Meter von einer ursprünglichen Habitatinsel entfernt gewesen. Ihre Schlussfolgerung, dass Wildbienen die Arbeit der im Rückgang begriffenen Honigbiene übernehmen können, gelte deshalb nur für Gebiete mit ausreichend naturnahen Landschaftselementen. Ihre Forschungsresultate, so die Wissenschaftler, verdeutlichen damit den hohen Wert der Biodiversität als Versicherung gegen den Ausfall einzelner Komponenten in der Natur. Nur eine hohe biologische Vielfalt sei in der Lage, die Funktionsfähigkeit von Ökosystemen langfristig zu gewährleisten.


Keywords:
Wildbienen, Ökosystemdienstleistung, Bestäubung, Honigbienen

Art der Publikation:
Fachpublikation

Literatur:
Winfree R., Williams N.M., Dushoff J., Kremen C. (2007). Wild bees provide insurance against ongoing honey bee losses. Ecology Letters 10, 1105–1113.

Kontaktadresse:
Rachael Winfree
Department of Ecology and Evolutionary Biology
205 Eno Hall
Princeton University
Princeton, NJ 08544
USA

rwinfree@princeton.edu


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