11.12.2007: Forschung CH
Gute Noten für Ried-Rotationsbrachen
Petra Hänni, Priska Walss
Ried-Rotationsbrachen fördern viele Tierarten. Neue Forschungsresultate zeigen nun, dass die Brachen auch aus botanischer Sicht vertretbar sind. Allerdings müssen mehrere Vorsichtsmassnahmen eingehalten werden. Durch den heute üblichen Mähzeitpunkt ab 1. September werden zudem viele typische Pflanzenarten der Streuewiesen mittel- bis langfristig beeinträchtigt.
Seit den 1970er Jahren werden Streuewiesen aus ökonomischen Gründen im Vergleich zu früher grossflächiger, früher (bereits ab dem 1. September) und alle gleichzeitig gemäht. Dadurch geht die Vielfalt an bestimmten Insektenarten zurück, unter anderem weil Rückzugsmöglichkeiten und Überwinterungsplätze zerstört werden. Seit einigen Jahren wird mit Ried-Rotationsbrachen (RiRoBra) versucht, diesem Rückgang entgegenzuwirken. Bei der RiRoBra wird ein mindestens 250 m2 grosser und 5 m breiter Brachestreifen von Jahr zu Jahr seitlich verschoben; nach 3 bis 5 Jahren ist er auf die Ausgangsposition zurückgekehrt. Das übrige Ried wird jährlich gemäht. Aktuelle Forschungsergebnisse belegen, dass die RiRoBra aus zoologischer Sicht erfolgreich sind.
Im Rahmen einer Studie wurden die Auswirkungen der Ried-Rotationsbrache auf die Flora untersucht. In insgesamt neun Riedern im Reusstal (AG), am Greifensee (ZH) und bei Schmerikon (SG) wurden 16 Indikatorarten, die stellvertretend für erwünschte Prozesse (Erhaltung oder Förderung von typischen Streuewiesenarten) bzw. unerwünschte Prozesse (Verbuschung, Verschilfung, Verhochstaudung) stehen, in der RiRoBra und in jährlich gemähten Vergleichsflächen erfasst.
Zwei Arten der gesamtschweizerischen Roten Liste, Iris sibirica und Hydrocotyle vulgaris, wurden durch die RiRoBra gefördert, andere Arten wie Orchis morio und Dactylorhiza incarnata blühten in der RiRoBra sehr viel weniger als in den jährlich gemähten Streuewiesen.
Die spät blühenden, naturschützerisch erwünschten Arten Parnassia palustris, Serratula tinctoria und Succisa pratensis profitierten kurzfristig vom Brachejahr, da sie die Samenreifung abschliessen konnten; das Gleiche gilt für die charakteristischen Horstpflanzen Molinia caerulea und Schoenus ferrugineus. Über den ganzen 5-jährigen Rotationszyklus gesehen, wirkt sich der relativ frühe Herbstschnitt in den vier Zwischenjahren tendenziell jedoch negativ aus.
Die konkurrenzstarken, Rhizom bildenden oder Nährstoff zeigenden Arten Juncus subnodulosus, Filipendula ulmaria und Lysimachia vulgaris konnten das Brachejahr nicht zu ihrem Vorteil ausnutzen. Hingegen konnten in Streuewiesen unerwünschte Straucharten im Brachejahr massiv Reserven anlegen und damit die Zwischenjahre mit Mahd überstehen, was zu einer Zunahme der Verbuschung führte.
Gesamthaft gesehen ist die RiRoBra aus botanischer Sicht vertretbar. Bei ihrer Einrichtung und Durchführung sind jedoch mehrere Vorsichtsmassnahmen zu beachten. Der wichtigste Punkt ist, dass eine RiRoBra nicht an eine Stelle zu liegen kommen darf, an der es viele Orchideen, Nährstoffzeiger, Strauch- oder invasive gebietsfremde Arten hat. Lässt sich dies nicht vermeiden, müssen die drei letztgenannten Artengruppen durch spezielle Massnahmen eingedämmt werden.
Keywords:
Ried, Verbuschung, Orchideen, Naturschutzmanagement
Art der Publikation:
Diplomarbeit
Literatur:
Hänni P., Walss P. (2007). Einfluss der Ried-Rotationsbrache auf 16 naturschützerisch wichtige Pflanzenarten in neun Streuewiesen der Kantone Aargau, St. Gallen und Zürich. Diplomarbeit am Institut für Integrative Biologie, ETH Zürich
Kontaktadresse:
Prof. Andreas Gigon
ETH Zürich
Institut für Integrative Biologie
Universitätstrasse 16
CH-8092 Zürich
andreas.gigon@env.ethz.ch
Tel: +41 (0)44 632 44 94
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