28.9.2007: Forschung CH

Ein Drittel der Schweizer Pilze gefährdet




Beatrice Senn-Irlet, Guido Bieri, Simon Egli

In der Schweiz sind mehr als 5000 Pilzarten bekannt. Von den rund 3000 Arten, bei denen die Kenntnisse für eine Beurteilung ausreichen, sind 32% Prozent mehr oder weniger akut gefährdet. Dies zeigt die neue Rote Liste, welche die Eidgenössische Forschungsanstalt WSL im Auftrag des Bundesamts für Umwelt BAFU erarbeitet hat. Gefährdet sind hauptsächlich Arten, die in Mooren und ungedüngten Wiesen und Weiden wachsen.


Das Bundesamt für Umwelt gibt in diesem Jahr erstmals eine Rote Liste der gefährdeten Pilzarten heraus. Sie ist allerdings auf die Grosspilze beschränkt. Das sind die Pilze, deren Fruchtkörper von blossem Auge erkennbar sind. Die Pilzspezialistinnen und -spezialisten der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL haben in der Liste 937 gefährdete Pilzarten aufgeführt. Die Liste enthält nicht nur seltene Arten wie den Rosaroten Saftling (Hygrocybe calyptriformis, vom Aussterben bedroht, schweizweit geschützte Art), sondern auch gemeinhin bekannte Pilze wie den Kaiserling (Amanita caesarea, verletzlich) oder den Lärchenschwamm (Laricifomes officinalis, verletzlich, schweizweit geschützte Art).
Bedrohte Arten finden sich in allen Lebensräumen. Auf mageren Wiesen und Weiden oder in Mooren ist der Anteil bedrohter Pilzarten jedoch am grössten. Der Grund: Ihre bevorzugten Lebensräume gehen durch die Intensivierung der Landwirtschaft, durch Bautätigkeit oder durch Luftschadstoffe verloren. In der alpinen Stufe ? hier sind die Populationen meist nur sehr klein ? findet sich ebenfalls ein hoher Anteil der gefährdeten Pilzarten.
Kleiner ist der Anteil von im Wald vorkommenden Pilzen auf der Roten Liste (15 Prozent). Dies dürfte nicht zuletzt damit zusammenhängen, dass der Schweizer Wald seit über 100 Jahren zurückhaltend genutzt sowie kleinflächig und oft naturnah bewirtschaftet wird. Andererseits sind viele Waldpilzarten von Totholz abhängig, das heute in vielen Wäldern nur in geringen Mengen vorhanden ist. Zudem sind bestimmte Luftschadstoffe, die den Nährstoffgehalt des Bodens erhöhen, ein Problem für Mykorrhizapilze, Pilzarten also, die auf eine Lebensgemeinschaft mit Waldbäumen angewiesen sind.
Die Liste macht deutlich: Die Pilze sind vor allem dort bedroht, wo ihnen der Lebensraum entzogen wird. Folglich plädieren die Empfehlungen der Roten Liste dafür, dass mehr abgestorbenes stehendes oder liegendes abgestorbenes Holz als Lebensgrundlage für Pilze in den Wäldern belassen wird. Zentral sind die Erhaltung der wertvollen Biotope, der schonende Umgang mit dem Waldboden sowie die Reduktion der Luftschadstoffe.

Keywords:
Rote Liste, Grosspilze

Art der Publikation:
Bericht

Literatur:
Senn-Irlet B., Bieri G., Egli S. (2007). Rote Liste der gefährdeten Grosspilze der Schweiz. Umwelt-Vollzug Nr. 0718. Hrsg. Bundesamt für Umwelt, Bern, und WSL, Birmensdorf. 92 S.

Rote Liste der Grosspilze als pdf

Kontaktadresse:
PD Dr. Beatrice Senn-Irlet
Eidg. Forschungsanstalt WSL
Forschungsbereich Landschaft
Abteilung Biodiversität
Zürcherstrasse 111
CH-8903 Birmensdorf
beatrice.senn@wsl.ch
Tel: +41 (0)44 739 22 43


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