15.12.2006: Forschung international

Klimaerwärmung lässt Arten bereits heute aussterben




Camille Parmesan

Die Klimaerwärmung beeinflusst die Tier- und Pflanzenwelt bereits heute. Eine umfassende Studie bietet erstmals eine Übersicht über die Auswirkungen der menschlich verursachten Klimaerwärmung in allen terrestrischen und aquatischen Ökosystemen der Erde.


(lb) In den letzten Jahren haben mehrere Studien den Einfluss der Klimaerwärmung auf einzelne Arten, Tierpopulationen und geografische Regionen nachgewiesen. Was bislang fehlte, war eine Gesamtsicht über die durch die Klimaerwärmung hervorgerufenen Veränderungen. Eine amerikanische Wissenschaftlerin hat sich dieser Aufgabe angenommen und eine umfassende Analyse vorgelegt. Sie stützt sich auf 866 wissenschaftliche Studien, wobei die meisten aus Nordamerika, Nordeuropa und Russland stammen. Die Studie verdeutlicht die taxonomische und geografische Breite der Einflüsse der Klimaveränderung.
Die Wissenschaftlerin kam zu diesen Schlussfolgerungen:
1. Für praktisch alle Kontinente konnte ein früheres Eintreten der ersten Frühlingsanzeichen belegt werden (Knospung, Blüte, Ende der Winterruhe, Vogelzug, Brut).
2. Wechselbeziehungen zwischen Räuber/Beute und Pflanzen/Insekten wurden unterbrochen, weil interagierende Arten unterschiedlich auf die Klimaerwärmung reagieren.
3. Für einzelne Arten konnten auf allen Kontinenten und in den meisten grossen Ozeanen Verschiebungen polwärts dokumentiert werden. Zudem breiten sich wärmeliebende Artengemeinschaften aus.
4. Veränderte Abundanzen und Verbreitungsgebiete von Parasiten und ihren Vektoren beginnen die Dynamik von menschlichen Krankheiten zu beeinflussen.
5. Arten mit beschränktem Verbreitungsgebiet, insbesondere polare und montane Arten, haben ein grosses Risiko, aufgrund der neuesten Klimaveränderung auszusterben. Zu den am stärksten betroffenen taxonomischen Gruppen gehören die tropischen Korallenriffe und die Amphibien.
6. Es wurden genetische Veränderungen dokumentiert (vor allem bei Insekten). Ob diese Veränderungen zu Anpassungen an die Klimaerwärmung führen werden und somit das drohende Aussterben von Arten abwenden können, ist unklar.

Keywords:
Globale Erwärmung, Klimaveränderung, Phänologie, Artensterben

Art der Publikation:
Fachpublikation

Literatur:
Parmesan C. (2006). Ecological and evolutionary responses to recent climate change. Annu. Rev. Ecol. Evol. Syst. 37, 637-69


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