8.12.2006: Forschung international
Gegen den Ausverkauf der Natur
Douglas J. McCauley
Ein derzeit wichtiges Argument der Wissenschaft für die Erhaltung der Biodiversität sind die Dienstleistungen, die uns natürliche Ökosysteme in Form von ökonomischen Leistungen zur Verfügung stellen. Weil es aber laut einem amerikanischen Wissenschaftler ungenügend Hinweise gibt, dass der marktbasierte Naturschutz funktioniert, fordert er in einem Kommentar in der Zeitschrift «Nature», dass wir die Natur endlich wieder um ihrer selbst willen schützen sollten.
Ökosystemdienstleistungen bilden die Basis für die meisten marktorientierten Mechanismen im Naturschutz. Wenn Wissenschaftler also Ökosystemdienstleistungen identifizieren, quantifizieren und letztendlich den Naturschutz in Übereinstimmung mit den gängigen Marktideologien bringen können, dann werden Entscheidungsträger sich folglich für den Schutz der Natur einsetzen, so die Annahme.
Doch das Konzept der Ökosystemdienstleistungen hat seine Grenzen. Anhand von Beispielen aus der Naturschutzpraxis fordert der Autor dazu auf, die Ökosystemdienstleistungen als Instrument im Naturschutzmanagement kritisch zu überdenken, da es in mehrerer Hinsicht limitiert ist:
- Naturschutz, der auf Ökosystemdienstleistungen basiert, geht von der impliziten Annahme aus, dass die Biosphäre uns wohlgesinnt ist – dass sie uns mit nützlichen Dienstleistungen versorgt und uns von schädlichen abiotischen Kräften schützt. Die Umwelt agiert aber nicht für oder gegen einzelne Arten. Marktbasierte Naturschutzstrategien bieten demnach wenig Orientierungshilfe, wenn es darum geht, Teile der Natur zu schützen, die im Konflikt mit unseren Interessen stehen oder die weder nützlich sind noch uns in irgendeiner Weise bedrohen.
- Obwohl sich wohl alle Naturschützer einig sind, dass die Natur auf Dauer geschützt werden muss, sind die Marktkräfte in ihrer heutigen Stärke und Richtung alles andere als dauerhaft.
- Ein auf Ökosystemdienstleistungen basierter Naturschutz vernachlässigt den Einfallsreichtum des Menschen. Obwohl wir nie in der Lage sein werden, alle «Dienstleistungen» der Natur zu replizieren, so darf doch das technische Können der Menschen nicht ignoriert werden.
- Naturschutz und profitorientiertes Handeln schliessen sich allzu oft aus; win-win-Situationen können nicht immer gefunden werden.
Marktbasierte Mechanismen sind also kein Wundermittel gegen derzeitige Missstände im Naturschutz. Wenn die Grundlage unserer Naturschutzstrategien die Dienstleistungen der Ökosysteme sind, implizieren wir, dass die Natur nur schützenswert ist, wenn sie gewinnbringend ist (oder gemacht werden kann). Die Natur hat aber einen intrinsischen Wert, der unbezahlbar ist. Dies sollte Grund genug sein, sie zu schützen. Deshalb muss der Schutz der Natur auch als moralisches Problem formuliert werden und gegenüber den politischen Entscheidungsträgern auch so argumentiert werden. Der Autor vermutet, dass wir auf lange Sicht wahrscheinlich erfolgreicher sind, wenn wir an die Herzen der Menschen, und nicht an ihren Geldbeutel appellieren.
Keywords:
Wert der Natur, marktbasierter Naturschutz, Ökosystemdienstleistungen
Art der Publikation:
Fachpublikation
Literatur:
McCauley D.J. (2006). Selling out on nature. Nature 443, 27-28
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