6.8.2003: Forschung CH

Schafe in den Alpen




Cordula Galeffi

Gämsen meiden intensiv bestossene Schafalpen. Die vorliegende Arbeit untersuchte experimentell, ob Gämsen eine Meideraktion auf Schafkot zeigen, um möglicherweise die Übertragung von Parasiten einzuschränken. Eine Reaktion wurde nur bei starker Verunreinigung der Nahrung mit Schafkot gefunden.


Interaktionen zwischen wilden und domestizierten Ungulaten können die Raumnutzung der wilden Spezies einschränken. Bis zu 430'000 Schafe werden alljährlich in den Schweizer Alpen gesömmert. Dies entspricht etwa der fünffachen Anzahl wildlebender Gämsen (Rupicapra rupicapra) in der Schweiz. Gämsen können ihr Verhalten in Anwesenheit von Schafen ändern. Die Gründe und Mechanismen, die dazu führen, sind nicht eindeutig bekannt. Man vermutet, dass die Verminderung des Risikos, Parasiten aus dem Schafkot aufzunehmen oder die Vermeidung von Nahrungskonkurrenten eine Rolle spielen. In dieser Studie wurde in drei Experimenten untersucht, ob Schafkot zur Meidung von Futterplätzen durch Gämsen führen kann. Im ersten Experiment wurde getestet, ob eine Meidung von Schafkot durch Gämsen im natürlichen Habitat in Abwesenheit von Schafen gefunden werden kann. In einem Gämshabitat wurden 18 aneinanderliegende Quadrate von 50 mal 50 Meter markiert. Jedem der 18 Quadrate wurde eine von drei Behandlungen (Schafkot, Kotattrappe und Neutral) zufälligerweise zugeteilt. Die Dichte des verteilten Schafkots und der Kotattrappen entsprach ungefähr der normalen Kotdichte auf einer Schafalp. Die Nutzung der Quadrate durch die Gämsen wurde während eines Monats ohne und eines Monats mit den Behandlungen kartiert. Im zweiten Experiment wurden Gämsen eines Tierparks während der Fütterung einer hohen Dichte von Schafkot ausgesetzt. Die Fressdauer an zwei Trögen ohne Schafkot wurde mit der Fressdauer an zwei Trögen verglichen, in deren unmittelbaren Nähe Schafkot ausgelegt wurde. Im dritten Experiment wurde den Gämsen im Tierpark eine junge Weisstanne präsentiert, die an einem Baumstrunk befestigt war. Während fünf Tagen wurde dieser Baumstrunk mit Wasser besprüht und die Äsdauer der Gämsen an der Weisstanne gemessen. Während weiteren fünf Tagen wurde der Baumstrunk mit einer wässrigen Kotlösung eingesprüht und die Äsdauer der Gämsen wiederum gemessen. In Experiment 1 wurden keine Hinweise auf eine Vermeidungsreaktion der wildlebenden Gämsen gefunden. Sie vermieden weder die Quadrate mit Schafkot, noch diejenigen mit der Kotattrappe. Auch in der Gefangenschaftssituation reagierten die Gämsen nicht auf die erhöhte Dichte von Schafkot. In Experiment 3 hingegen wurde eine klare Reaktion auf den Geruch von Schafkot gefunden. Alle Individuen reduzierten die Äsdauer an der Weisstanne signifikant, als die wässrige Kotlösung aufgetragen wurde. Möglicherweise entdecken Gämsen stark mit Kot verschmutzte Stellen durch den Geruch und vermeiden diese. Dieser Effekt tritt aber wahrscheinlich nur bei sehr hohen Kotdichten auf.

Keywords:
Konkurrenz, Huftiere, Schafe, Gämsen, Parasiten

Art der Publikation:
Diplomarbeit

Literatur:
Galeffi C. (2002): Competitive effects between wild and domestic ungulates: Reactions of chamois Rupicapra rupicapra to sheep dung
Diplomarbeit, Universität Zürich, Zoolog. Institut

Kontaktadresse:
Dr. Werner Suter, Eidg. Forschungsanstalt WSL, Zürcherstrasse 111, CH-8903 Birmensdorf
werner.suter@wsl.ch
Tel: +41 1 739 25 67


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