6.8.2003: Forschung CH

Klimaveränderung: Arten stürmen die Gipfel




Martin Camenisch

Die Klimaerwärmung hat Konsequenzen für die Alpenflora. Die obersten Vorkommen der Arten im Gipfelbereich sind durchschnittlich um mehr als 20 Meter gestiegen. Dies hat eine Untersuchung im Bereich des Schweizerischen Nationalparks ergeben.


Die Flora der obersten 30 Höhenmeter von drei Gipfeln im Unterengadin (Schweiz) wird mit historischen Aufzeichnungen aus dem Beginn des letzten Jahrhunderts verglichen. Die Gesamtartenzahlen pro Gipfel sind im Vergleich mit den historischen Daten angestiegen. Besonders stark ist die Artenzunahme auf dem niedrigsten bearbeiteten Gipfel (Verdreifachung der Artenzahl) und ebenfalls beträchtlich auf dem weniger von Erosion beeinflussten höheren Gipfel. Die obersten Vorkommen der Arten im Gipfelbereich sind durchschnittlich um mehr als 20 Meter gestiegen.
Die meisten Arten wachsen heute zwar etwa auf der gleichen Höhe wie vor 80 Jahren; einzelne Arten können allerdings sehr viel weiter oben angetroffen werden als früher. Auffällig sind Arten, die neu im Gipfelbereich wachsen und hier bereits in grosser Deckung vorkommen. Zeigerwertanalysen ohne Gewichtung zeigen keine Veränderung. Diese Analysen müssten aber gewichtet werden, was wegen mangelnden Informationen über die Häufigkeit der Arten in den Aufnahmen vor 80 Jahren nicht möglich ist. Trotzdem wird ersichtlich, dass die Veränderungen in der Vegetation der beiden höheren Gipfel (um 3100 Meter ü.d.M.) vor allem in einem Zuwachs an Arten der alpinen Stufe und einem lokalen Höhersteigen dieser alpinen Arten bestehen. Auf dem niedrigeren Gipfel konnte festgestellt werden, dass auch Arten der unteren alpinen und der subalpinen Stufe zugewandert sind und diese vielfach eine neue obere Verbreitungsgrenze erreichen. Diese Arten können langfristig die Arten der alpinen Stufe verdrängen und seltene Arten gefährden. Weitere Untersuchungen auf jenen Gipfeln um 2800 Metern Höhe, wo alte Vergleichsdaten zur Verfügung stehen, werden für die Region Unterengadin dringend gefordert.

Keywords:
Botanik, Alpenflora, Gipfelflora, Beobachtungsreihen, Höhenverbreitung

Art der Publikation:
Fachpublikation

Literatur:
Camenisch M. (2002): Veränderungen der Gipfelflora im Bereich des Schweizerischen Nationalparks: Ein Vergleich über die letzten 80 Jahre.
Jber. Natf. Ges. Graubünden 111, 27-37

Kontaktadresse:
Martin Camenisch, Giacomettistrasse 119, CH-7000 Chur
martin.camenisch@tiscali.ch


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