26.4.2006: Forschung CH

Was bestimmt die Artenvielfalt alpiner Pflanzengemeinschaften?




Corinne M. Vonlanthen et al.

Die Artenzahl alpiner Pflanzengemeinschaften variiert stark. Eine Studie hat nun gezeigt, dass die Tageshöchstwerte der Temperatur sowie der pH den grössten Teil der Unterschiede erklären. Konkurrenz und Störungen scheinen dagegen nur eine sekundäre Rolle zu spielen.


Alpine Pflanzengemeinschaften können sehr artenreich sein. Allerdings variiert die Artenvielfalt zwischen den einzelnen Lebensgemeinschaften zum Teil stark. Im Rahmen einer Studie wurde untersucht, welche Stress- und Störungsfaktoren mit der Artenzahl korreliert sind, ob die «intermediate stress hypothesis» und die «intermediate disturbance hypothesis» auf die alpine Stufe übertragbar sind, und ob Biomasse als einfach messbarer Ersatz für kausale Faktoren in der alpinen Stufe gebraucht werden kann. Die «intermediate disturbance hypothesis» und die «intermediate stress hypothesis» besagen, dass Artenzahlen bei zunehmender Störungsintensität bzw. zunehmendem Stress bis zu einem gewissen Punkt ansteigen, bei zu hoher Störung bzw. zu hohem Stress jedoch wieder abnehmen, da nur noch wenige Spezialisten überleben können.
In 14 alpinen Pflanzengemeinschaften wurden die Artenzahl und die Biomasse bestimmt. Zusätzlich wurden in jeder Pflanzengemeinschaft Lufttemperatur, Luftfeuchtigkeit, Windgeschwindigkeit, Globalstrahlung, UV-B Strahlung, Länge der Vegetationsperiode, Saugspannung, pH, Bodennährstoffe, Überschwemmung, Bodenbewegung, Anzahl Lawinen, Denudationsgrad, Frass, Windschäden, Frosttage und Auswinterung messtechnisch erfasst.
Die Untersuchung zeigt, dass Tageshöchstwerte der Temperatur sowie der pH 82% der Varianz erklären. Beide Faktoren beeinflussen die Artenzahl entweder direkt oder über Effekte auf andere Umweltfaktoren. Einige Stress- und Störungsfaktoren zeigen monotone, andere unimodale Zusammenhänge mit der Artenzahl. Monotone Zusammenhänge deuten darauf hin, dass bei härter werdenden Umweltbedingungen weniger Arten überleben. Im Fall von unimodalen Zusammenhängen («intermediate stress hypothesis» und «intermediate disturbance hypothesis») nimmt die Artenzahl auf beiden Seiten des Gradienten ab, weil die Umweltbedingungen so hart sind und/oder wegen der Interaktionen zwischen den einzelnen Umweltfaktoren. Konkurrenz und Störungen scheinen nur eine sekundäre Rolle zu spielen. Somit kommen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu der Schlussfolgerung, dass weder die «intermediate stress hypothesis» noch die «intermediate disturbance hypothesis» wirklich auf die alpine Stufe übertragbar sind. Ausserdem hat die Untersuchung gezeigt, dass Biomasse in der alpinen Stufe als einfacher Ersatz für kausale Faktoren gebraucht werden kann, obwohl keine direkte Kausalität zwischen Biomasse und Artenzahl besteht.

Keywords:
Alpine Vegetation, Intermediate disturbance hypothesis, Intermediate stress hypothesis, Mikroklima, Biomasse

Art der Publikation:
Fachpublikation

Literatur:
Vonlanthen C.M. et al. (2006). Alpine vascular plant species richness: the importance of daily maximum temperature and pH. Plant Ecology, online-Publikation, DOI: 10.1007/s11258-005-9048-5.



Kontaktadresse:
Corinne Vonlanthen, Geographisches Institut der Universität Bern, Hallerstr. 12, CH-3012 Bern, Schweiz
covo@giub.unibe.ch
Tel: +1 907 474 2459


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