7.4.2006: Forschung CH

Symbiosen mit Pilzen – mehr als nur Mykorrhiza!




Thomas N. Sieber, Christoph R. Grünig, Ottmar Holdenrieder

Neben der klassischen Mykorrhiza existieren an den Wurzeln weitere Symbiosen mit Pilzen. Vor allem dunkle, septierte Endophyten sind als Symbionten weit verbreitet. Im Unterschied zu Mykorrhizapilzen besiedeln sie auch verholzte Wurzeln. An der ETH Zürich wird die Taxonomie, die Vielfalt und die Ökologie dieser Endophyten untersucht.


Die meisten Blütenpflanzen haben Mykorrhiza. Wörtlich übersetzt heisst Mykorrhiza «Pilzwurzel», Wurzeln also, die mit Pilzen eine Lebensgemeinschaft eingehen. In der Regel profitieren beide Partner von dieser Symbiose. Der Pilz macht Nährstoffe und Wasser im Boden besser zugänglich, bietet Schutz vor pathogenen Bodenmikroorganismen oder produziert nützliche Metabolite. Als Gegenleistung erhält der Pilz Kohlenhydrate. Mykorrhiza ist auf primäre, unverholzte Wurzeln beschränkt. Es existiert aber eine Gruppe pilzlicher Wurzelendophyten, die auch mit verholzten Wurzeln Symbiosen bilden können. In primären Wurzeln besiedeln sie wie die Mykorrhizapilze die Rinde intra- und interzellulär. In verholzten Wurzeln werden die Gewebe ausserhalb des Korkkambiums besiedelt.
Dunkle, septierte Endophyten (DSE) gehören zu den am weitesten verbreiteten Wurzelendophyten. Ihr Myzel ist melanisiert und regelmässig septiert. Die zu den Ascomyceten gehörenden Pilze sind vor allem in Koniferenwurzeln sehr häufig. In den Wäldern Mitteleuropas gibt es sehr wahrscheinlich keine einzige Fichte (Picea abies), deren Wurzelsystem nicht von mindestens einem DSE besiedelt ist. Die meisten DSE gehören zum Artenkomplex von Phialocephala fortinii s.l. Sexuelle Formen von P. fortinii s.l. sind bis heute keine bekannt; dennoch ist der Artenkomplex genetisch äusserst divers. Bis jetzt wurden sieben reproduktiv isolierte, kryptische Arten identifiziert. Als eigene Species konnte inzwischen Acephala applanata (mit Locus typicus im «Urwald» auf der Bödmeren, Kanton Schwyz) beschrieben werden; die Zuweisung des Artstatus für weitere kryptische Arten ist in Arbeit. Viele dieser Taxa kommen sympatrisch vor – manchmal sogar nebeneinander in der gleichen Wurzel. Innerhalb von nur neun Quadratmetern eines Fichtenbestandes am Üetliberg konnten mehr als fünf kryptische Arten mit insgesamt mindestens 28 Genotypen festgestellt werden.
Über die Ökologie der DSE ist sehr wenig bekannt. Die wenigen vorliegenden Untersuchungen ergaben widersprüchliche Resultate, einerseits weil verschiedenste DSE-Stämme mit unbekannter Identität verwendet wurden, und andererseits weil der Ausgang ökologischer Experimente stark von der Versuchsanordnung abhängt. Die Effekte reichten von mykorrhiza-ähnlichen Wirkungen bis zur Pathogenität. Mit einer grossen Sammlung von gut charakterisierten Stämmen von P. fortinii s.l. sind wir nun in der Lage, mit aussagekräftigen Experimenten die Ökologie dieser häufigen Wurzelsymbionten zu untersuchen.

Keywords:
Dark septate endophytes (DSE), Mykorrhiza, Phialocephala, Acephala

Art der Publikation:
Fachpublikation

Literatur:
Sieber T.N., Grünig C.R. (2006). Biodiversity of fungal root-endophyte communities and populations in particular of the dark septate endophyte Phialocephala fortinii s. l. In: Microbial Root Endophytes. Schulz B., Boyle C., Sieber T.N. (eds.), Berlin: Springer, pp. in press.
http://www.forestpathology.ethz.ch

Kontaktadresse:
Dr. Thomas Sieber, Forstschutz & Dendrologie, Institut für Integrative Biologie (IBZ), ETH Zürich, Universitätsstrasse 16, CH-8092 Zürich
thomas.sieber@env.ethz.ch
Tel: +41 (0)44 632 55 21


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