10.2.2006: Forschung international
Unschuldige Kormorane?
Bonnie Anna Klein, Manfred Lieser
Die Durchführung von Abwehrmassnahmen gegen den Kormoran wird damit begründet, dass diese Vogelart die Fischerei schädigt und seltene Fischarten im Bestand bedroht. Die Wissenschaft kann diesen Verdacht nicht bestätigen. Auch eine neue Studie am Bodensee zeigt, dass die Vorwürfe nicht haltbar sind.
In mehreren Regionen Europas wird der Kormoran geschossen, weil die Art im Verdacht steht, die Fischerei zu schädigen und seltene Fischarten zu bedrohen. Beispielsweise begründete das Landratsamt Konstanz am Bodensee die Freigabe von Kormoranabschüssen an bestimmten Gewässerabschnitten mit den dortigen Äschenvorkommen, die durch die Kormorane gefährdet seien. Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen dagegen immer wieder, dass eine Schadwirkung am Fischbestand oder gar eine Gefährdung seltener Arten unwahrscheinlich ist. Auch eine vor kurzem durchgeführte Untersuchung im Naturschutzgebiet Radolfzeller Aachried am Bodensee kommt zu diesem Schluss. Die Wissenschaftler haben unter Kormoranschlafplätzen 143 Speiballen gesammelt und analysiert. Anhand der unverdauten Reste konnten 567 Fischindividuen ermittelt werden. Von den 31 Fischarten des Bodensees liessen sich 17 als Kormorannahrung nachweisen. Weissfische machten über 40% der Individuen aus. Die als besonders durch Kormorane bedroht geltende Äsche machte nur 1,6% aus. Auch eine Gefährdung anderer Fischarten der deutschen Roten Liste durch den Kormoran ist nach dieser Studie unwahrscheinlich.
Keywords:
Kormoran, Beutespektrum, Äsche, Abschuss
Art der Publikation:
Fachpublikation
Literatur:
Klein B.A., Lieser M. (2005). Zum Beutespektrum des Kormorans Phalacrocorax carbo am westlichen Bodensee. Vogelwarte 43, 267-270.
Kontaktadresse:
Dr. Manfred Lieser, Vogelwarte Radolfzell am Max-Planck-Institut für Ornithologie, Schlossallee 2, D-78315 Radolfzell
lieser@orn.mpg.de
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